Heinrich Georg Hoffrogge wird am 30. März 1905 als erstes Kind von Diedrich Hoffrogge und Anna Hoffrogge in Lintel geboren. Er ist der ältere Bruder von Alma Schlötelburg, Mathilde Schlötelburg und Hans Hoffrogge.
Eine Woche vor Heinrich Georgs Geburt weiht Kaiser Wilhelm II. in Bremen ein Reiter-Standbild seines 1888 verstorbenen Vaters Friedrich III. ein. Dabei handelt es sich um ein Geschenk des Bremer Unternehmers Franz Schütte an die Stadt – die es gern annimmt, denn der „99-Tage-Kaiser“ genießt in der Weser-Metropole einen guten Ruf. Ob wegen der ihm unterstellten liberalen Grundhaltung oder einfach nur in seiner Eigenschaft als Regent, darüber gehen die Meinungen bis heute auseinander. Die Gestaltung der inklusive Sockel rund acht Meter hohen Statue durch den Berliner Künstler Louis Tuaillon spricht eher für Letzteres, zeigt Tuaillon Friedrich doch in der typischen Pose eines römischen Feldherrn. Was unter künstlerischen Aspekten gleichwohl als gelungen gilt: So hebt sich das eine harmonische Einheit bildende Ensemble aus Pferd und Reiter wohltuend vom pompösen Neo-Barock jener Epoche ab.
Obwohl Wilhelm II. dem Neo-Barock ansonsten sehr zuneigt, zeigt er sich mit der Arbeit Tuaillons durchaus zufrieden. Daran ändern auch spätere Diskussionen in der Öffentlichkeit nichts, ob denn der Kaiser nackt auf seinem Pferd sitze: Der vom Künstler nur leicht angedeutete Lederpanzer ist kaum zu erkennen. Schnell bekommt das Kaiser-Friedrich-Denkmal im Bremer Volksmund deshalb den Beinamen „Kaiser frier nich“ weg.
In der anlässlich der Einweihung obligatorischen Ansprache gibt Wilhelm sich für seine Verhältnisse ungewohnt konziliant. Zwar betont er einmal mehr den Anspruch Deutschlands, geopolitisch eine führende Rolle einzunehmen. Das „Weltreich“, von dem er träume, solle jedoch „nicht auf Eroberungen durch das Schwert“ begründet sein, sondern „durch gegenseitiges Vertrauen der nach gleichen Zielen strebenden Nationen“. Worte, die schon eine Woche später angesichts der sich zur internationalen Krise ausweitenden Bemühungen Frankreichs, in Marokko als Kolonialmacht Fuß zu fassen, einem ernsthaften Test unterzogen werden. Letztlich agiert Wilhelm aber auf einer sich dem Bremen-Besuch anschließenden Mittelmeer-Reise ähnlich zurückhaltend und stimmt erst auf Drängen von Reichskanzler Bernhard von Bülow zu, in der marokkanischen Hafenstadt Tanger an Land zu gehen und dort Flagge für die deutschen Interessen in der Region zu zeigen.
Dass die beiden genannten Ereignisse in Lintel übermäßiges Interesse hervorrufen, ist eher unwahrscheinlich. Die Landwirte im Dorf – und das sind nahezu alle Bewohner – haben Ende März 1905 wie in jedem Jahr alle Hände voll mit der Aussaat zu tun und dürften dabei mit ihren Gedanken weder nach Bremen noch nach Tanger abschweifen. Wo Heinrich Georgs Eltern ihre Äcker bestellen und vor allem auf welchem Hof er zur Welt kommt, lässt sich heute nicht mehr mit 100-prozentiger Sicherheit sagen. Vater Diedrich stammt vom heutigen Hof von Hella und Kurt Bisanz, den dessen Familie seit 1802 bewirtschaftet und auf dem Großvater Heinrich Hoffrogge als Eigentümer eingetragen ist. Als Erbe der dortigen Stelle ist jedoch gemäß Jüngstenrecht Heinrich Georgs Onkel Georg Hoffrogge vorgesehen, so dass Diedrich Hoffrogge als der ältere Bruder früher oder später weichen muss.
Ob dies bereits unmittelbar nach der Hochzeit der Eltern im April 1904 geschieht, ist nicht exakt überliefert. Klarheit herrscht jedoch über den Ort, an dem Heinrich Georg seine ersten Lebensjahre verbringt: Es ist der heutige Hof von Gerrit und Linda Schlötelburg, der sich seit mindestens 1769 im Besitz der Familie seiner früh an Tuberkulose verstorbenen Urgroßmutter Margarethe Elise Hoffrogge befindet. Dort nämlich sind mündlicher Überlieferung zufolge zwischen 1906 und 1909 Heinrich Georgs Geschwister geboren, und schon ein Jahr später nennt das Höfe-Register Vater Diedrich offiziell als Eigentümer. Großvater Heinrich Hoffrogge verkauft derweil den Stammsitz der Familie an der Linteler Straße und siedelt 1910 auf einen deutlich größeren Betrieb am Lindhorn über (heutige Eigentümer: Herwig und Jens Pape).
Sehr wahrscheinlich im Frühjahr 1911 wird Heinrich Georg in die Linteler Volksschule eingeschult, wo unter anderem Heinrich Dählmann, Georg Hollmann, Martha Lampe, Heinrich Runge und Gesine Wachtendorf der gleichen Jahrgangsstufe angehören. Mitten im vierten Schuljahr bricht dann der Erste Weltkrieg aus, an dem Diedrich Hoffrogge von Beginn an teilnimmt. Als ältester Sohn dürfte Heinrich Georg während dieser Zeit auf dem elterlichen Hof besonders gefordert sein – und mehr als einmal befürchten, dass es seinem Vater ähnlich ergehen könnte wie dem an der Ostfront kämpfenden Onkel: Georg Hoffrogge fällt im Oktober 1916 bei der Brussilow-Offensive nachgelagerten Gefechten entlang des ukrainischen Flusses Stochid.
Diedrich Hoffrogge übersteht den Krieg, und als einziger noch lebender Sohn rückt er in der Erbfolge für den Betrieb seines Vaters auf den ersten Platz vor. Was auch Heinrich Georgs Zukunftsperspektiven in einem rosigeren Licht erscheinen lässt: Neben seinem jüngeren Bruder Hans darf er sich berechtigte Hoffnungen machen, zumindest einen der beiden im Familienbesitz befindlichen Höfe zu übernehmen. Indes, so weit kommt es nicht. Heinrich Georg stirbt am 15. Juni 1921 im Alter von nur 16 Jahren. Beerdigt ist er wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.