Christa Hermine Pape wird am 21. September 1936 als erstes Kind von Hans Hoffrogge und Käte Hoffrogge in Oldenburg geboren. Sie ist die ältere Schwester von Edith Haverkamp und Traute Haverkamp.
Am Tag von Christas Geburt beginnt rund um Vogelsberg und Spessart die größte Militärübung Deutschlands seit dem Ersten Weltkrieg. In der dünn besiedelten hessischen Provinz sind mehr als 100.000 Soldaten der im Jahr zuvor gegründeten Wehrmacht auf den Beinen, um fünf Tage lang alle möglichen Facetten des Zusammenspiels von Heer und Luftwaffe zu proben. „Weithin vernahm man den Geschützdonner, und unheimlich brausten die Fliegerstaffeln über die weite Landschaft, bald ganz tief über die Orte hinweg, bald in unsichtbarer Höhe“, notiert dazu im nahegelegenen Dorf Schlierbach der Volksschullehrer Julius Hinkel.
Obwohl die übenden Militärs die einheimischen Bauern massiv bei der Kartoffelernte behindern und viele Feldwege und Äcker zerstören, reagiert die Bevölkerung überaus positiv auf ihre Anwesenheit. „Unser Dörfchen hatte während der Dauer der Manöver geflaggt, um damit die Verbundenheit mit unserer neuen Wehrmacht auch nach außen kundzutun“, schreibt dazu Hinkel weiter. Zahlreiche Schaulustige säumen tagsüber die Straßen, die Kinder bekommen schulfrei. Geradezu grenzenlos ist dann der Jubel, als am 25. September der Auto-Tross von Adolf Hitler durch die umliegenden Dörfer rollt. Der vom kurz zuvor beendeten „Reichsparteitag der Ehre“ in Nürnberg angereiste Führer hat während des Manövers sein Hauptquartier auf dem Gelände der Luftmunitionsanstalt Hartmannshain aufgeschlagen und wird von Reichskriegsminister Werner von Blomberg sowie weiteren prominenten Nationalsozialisten wie Hermann Göring oder Rudolf Heß begleitet.
Mit der Herzbach-Kaserne in Gelnhausen erhält die Region nur wenige Wochen später einen ständigen Truppen-Standort. Bei der Einweihung kommt es zu ähnlichen Bildern wie im September. Wieder haben die Kinder schulfrei, und bei ihrem Einzug begleiten Abordnungen von SA, SS und Hitlerjugend die fortan dort stationierten Panzersoldaten an jubelnden Zuschauern vorbei durch die flaggengeschmückte Stadt zum Kasernentor. Die gleichgeschaltete lokale Presse begrüßt die „Soldaten des Führers“ überschwänglich als „stolze Macht“, die Deutschlands Größe und Ehre garantiere: „Eine Macht, die nicht geschaffen wurde, um fremde Völker zu bedrohen oder imperialistische Eroberungskriege zu führen. Eine Macht, die dazu dient, dem deutschen Volk den Frieden zu erhalten.“
Wie hemmungslos verlogen diese Worte sind, ahnen damals vermutlich nur wenige – was in Christas Heimatdorf Lintel kaum anders sein dürfte als in Schlierbach, Gelnhausen und im Rest des seit Hitlers Machtübernahme auf blinden Gehorsam gedrillten NS-Staats. Sich bald darauf einstellende Erfolge wie der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes scheinen den ungeachtet aller Friedensbeteuerungen extrem aggressiven außenpolitischen Kurs zu bestätigen, und vor dem gegen Juden und andere Minderheiten gerichteten Terror im Inneren verschließen die meisten Menschen, sofern sie sich nicht aktiv beteiligen, die Augen. So kommt es, wie es wohl kommen muss: Am 1. September 1939 beginnt mit dem von langer Hand geplanten Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg.
Christa steht an jenem verhängnisvollen Tag kurz vor ihrem dritten Geburtstag und dürfte trotz der unmittelbaren Folgen für ihre Familie anfangs kaum begreifen, was dieser Krieg konkret bedeutet. Vater Hans erhält einen Stellungsbefehl zur Wehrmacht, so dass sie ihn in den nächsten Jahren nur selten sieht. Davon losgelöst wächst Christa jedoch auf dem elterlichen Hof am Lindhorn (heute: Herwig und Jens Pape) so gut behütet wie irgend möglich auf. Zu den wichtigsten Bezugspersonen in dieser schwierigen Zeit gehören neben Mutter Käte und der im Mai 1939 geborenen Schwester Edith die Großeltern Diedrich und Anna Hoffrogge sowie in den späteren Kriegsjahren die aus der Ukraine stammende Fremdarbeiterin Maria Palowska.
Im Sommer 1942 wird Christa in die von ihrem Elternhaus etwas mehr als einen Kilometer entfernte Volksschule Lintel eingeschult. Ihr sämtliche Jahrgangsstufen in einem Raum unterrichtender Klassenlehrer ist zunächst Friedrich Wilhelm Rose, zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen gehören unter anderem Hanna Grashorn, Gerda Hollmann, Gisela Logemann, Gisela Reil, Irma Suhr, Wilma Wachtendorf und Hilde Wenke. Im darauffolgenden Sommer kommen unter anderem Ursel Dählmann und Inge Bosse hinzu, im Sommer 1944 dann Gunda Schlötelburg, Hanna Wenke und Irmgard Wilkens. Zu diesem Zeitpunkt ist die Wehrmacht bereits überall auf dem Rückzug – im Westen sind britische und amerikanische Truppen in der Normandie gelandet, im Osten hat die Rote Armee die Weichsel überschritten.
Im Frühjahr 1945 erreicht die Front schließlich den heutigen Landkreis Oldenburg. Bei der Einnahme Lintels kommt es zu vereinzelten Gefechten, die auf dem Hoffrogge-Hof ein Todesopfer fordern: Maria Palowska. Aus heute nicht mehr bekannten Gründen verlässt die 16- oder 17-Jährige den hofeigenen Bunker und wird von einem Granatsplitter im Rücken getroffen. Christa kommt in dieser Situation wie die anderen Familienmitglieder mit dem Schrecken davon, und bald nach Kriegsende kann sie Vater Hans wieder in ihre Arme schließen. Seine Rückkehr markiert gewissermaßen den Übergang zu einer neuen Normalität, die freilich mit zahlreichen Entbehrungen einhergeht. Dessen ungeachtet kündigt sich auf dem Hoffrogge-Hof neuer Nachwuchs an: Drei Tage vor Christas zehntem Geburtstag am 21. September 1946 bringt Mutter Käte mit der jüngsten Schwester Traute eine weitere Tochter zur Welt.
Im Frühjahr 1950 wird Christa konfirmiert, ein Jahr später beendet sie die Volkschule und geht für ein Jahr auf dem Hof Behrens in Mönchhof in Stellung. Danach folgt eine landwirtschaftliche Lehre auf dem Hof Schwarting in Ofen. Wenn Christa am Wochenende zu Hause in Lintel ist, besucht sie mit früheren Schulkameradinnen Tanzveranstaltungen in der näheren Umgebung. Einem dieser Bälle geht im Jahre 1953 eine vom Reiterverein Sandersfeld organisierte Schnitzeljagd voraus, an der auch mehrere junge Männer aus Hurrel teilnehmen. Mit einem von ihnen, Herwig Pape, trifft sie sich fortan häufiger, und schnell sind beide ein festes Paar. Nicht die einzigen zarten Bande, die die Jugend der zwei Nachbardörfer – begünstigt durch eine von der Landjugend Sandersfeld ins Leben gerufene Volkstanzgruppe – untereinander knüpft: Ursel Dählmann und Bodo Mehrings, Lisa Nutzhorn und Heinz Wilkens, Waltraut Rudolph und Hans-Hermann Büscher, Linda Schwarting und Heino Haverkamp sowie Irmgard Wilkens und Gerold Wachtendorf sind weitere Beispiele für Hurrel-Lintel-Verbindungen, die später in eine Ehe münden werden.
Bevor es bei Christa und Herwig so weit ist, gilt es jedoch Grundsätzliches zu klären: Welche der drei Töchter wird später den elterlichen Hof übernehmen? Lange Zeit zeichnet sich in dieser Frage kein klares Bild ab. Bis schließlich Anfang 1960 die bevorstehende Heirat von Schwester Edith mit Edo Haverkamp aus Sandersfeld die Weichen stellt: Da der Hof von Edos Eltern zu den größten und ältesten der Umgebung gehört und die jüngste Schwester Traute eher wenig Interesse an der Landwirtschaft zeigt, ist der Weg für Christa frei. Nach der am 24. Mai 1960 gefeierten Hochzeit richten sie und Herwig sich auf dem Hoffrogge-Hof ein, wo nach der Geburt von Tochter Meike im Juni 1961 sieben Personen aus vier Generationen unter einem Dach leben. Pünktlich zum sechsten Hochzeitstag im Mai 1966 kommt Sohn Jens hinzu. Traute Hoffrogge wiederum heiratet im August 1968 Edo Haverkamps Bruder Bernhard und zieht mit ihm nach Hude.
Anfang der 60er Jahre bearbeitet Christa mit ihrer Familie eine Fläche von rund 20 Hektar, was für die damalige Zeit vollkommen ausreichend ist. Der rasch voranschreitende Strukturwandel in der Landwirtschaft verstärkt jedoch den Zwang zur Größe. Dem Zug der Zeit folgend bauen Herwig und sie 1970 einen neuen Schweinestall, ein bis dahin nur als Scheune genutztes Gebäude dient nach einem Umbau künftig ebenfalls der Viehhaltung.
Im Oktober 1972 wird Christa mit der Geburt des zweiten Sohnes Henning noch einmal Mutter. Ein freudiges Ereignis, das einem traurigen folgt: Im März 1971 ist Schwester Traute völlig überraschend im Alter von nur 24 Jahren gestorben. Großvater Diedrich, beim Tod der Enkelin unmittelbar vor seinem 90. Geburtstag stehend, wird danach zunehmend pflegebedürftig und stirbt im November 1972. Fünf Jahre später verliert dann Christas Vater Hans sein Leben bei einem Verkehrsunfall.
Mag in die Landwirtschaft auch immer mehr Technik einziehen – auf ihrem Hof bleiben die 80er und 90er Jahre für Christa trotz alledem von harter Arbeit geprägt. Da jedoch in Person von Sohn Jens frühzeitig ein Nachfolger bereitsteht, ergeben sich für Herwig und sie nun öfter Gelegenheiten für eine kurze Auszeit. Beide nutzen diese Zeitfenster fortan regelmäßig für gemeinsame Reisen, die sie unter anderem nach Madeira, Mallorca und Österreich führen. Mitunter ist auch Christas Tante Wilma Nehls mit von der Partie, eine Schwägerin ihrer Mutter.
Geht es in die Ferne, ist meist Herwig die treibende Kraft: Christa kann sich auch gut zu Hause und dort mit Vorliebe in ihrem großen Gemüsegarten beschäftigen. Für Tagestouren oder Radausflüge mit alten Landjugend-Gefährten wie Irmgard und Gerold Wachtendorf ist sie jedoch immer zu haben, und bis ins hohe Alter trifft Christa sich regelmäßig mit Weggefährtinnen der Landwirtschaftsschule Oldenburg, häufig in der Hurreler Gastwirtschaft ihrer früheren Volksschul-Kameradin Ursel Mehrings. Einmal in der Woche kegelt sie zudem mit der Linteler Frauengruppe „Fröhliche Runde“ bei Brüers in Munderloh. Beim 1987 eingeleiteten Revival ihrer ehemaligen Sandersfelder Volkstanzgruppe sind Christa und Herwig ebenfalls dabei.
Im September 1991 wird Christa durch die Geburt von Meikes Sohn Christian zum ersten Mal Großmutter. Mit Corina, Simon und Inken folgen bis Oktober 2001 drei weitere Enkelkinder. Eine schöne Zeit, die jedoch nach der Jahrtausendwende von ersten, sich nach ihrem im September 2016 bei Ursel Mehrings in Hurrel gefeierten 80. Geburtstag verschlimmernden gesundheitlichen Problemen überschattet werden. Insbesondere ein zu spät erkannter, zunächst als Rückenleiden behandelter Herzinfarkt macht Christa zu schaffen – sie bekommt Stents gesetzt, die aber im Laufe der Zeit einer nach dem anderen verstopfen. Am Ende gibt es allen medizinischen Fortschritten zum Trotz keine Rettung mehr: Christa stirbt am 15. Mai 2020, drei Monate nach der Geburt ihrer Zwillings-Urenkelkinder Noah und Elias, und wird sieben Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt. Zum Bedauern der Familie ohne öffentliche Trauerfeier, die die kurz zuvor ausgebrochene Corona-Pandemie leider unmöglich macht.