Amanda Frieda Bruns wird am 11. September 1915 als erstes und einziges Kind von Georg Hoffrogge und Lina Hoffrogge auf dem elterlichen Hof in Lintel (heute: Herwig und Jens Pape) geboren. Mit Gerd Schütte hat sie noch einen jüngeren Halbbruder aus der zweiten Ehe ihrer Mutter mit Hermann Schütte.
In den Tagen vor Amandas Geburt fliegen von der Kaiserlichen Marine eingesetzte Militär-Zeppeline im schon seit über einem Jahr tobenden Ersten Weltkrieg mehrere schwere Angriffe auf London. Dabei tut sich insbesondere Heinrich Mathy hervor, Kommandant des Luftschiffs L13. Am Morgen des 8. September 1915 hebt er vom Luftschiffhafen Hage mit dem Auftrag ab, die Bank von England zu zerstören. Dies gelingt ihm zwar nicht, doch die Schäden, die er am späten Abend in der britischen Hauptstadt anrichtet, sind gleichwohl beträchtlich: Die von seiner Mannschaft abgeworfenen Sprengbomben treffen diverse Wohn- und Geschäftshäuser, lösen dadurch einen Großbrand aus und töten britischen Angaben zufolge insgesamt 26 Menschen.
Verglichen mit den tausenden Opfern, die es tagtäglich in den Kämpfen an der im Grabenkrieg erstarrten Westfront zu beklagen gibt, mag das wenig anmuten. Gleichwohl verfehlen die Angriffe ihre angestrebte Wirkung nicht. Zum einen verbreiten sie Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung, zum anderen bindet die in der Folge verstärkte Flugabwehr Kräfte, die an anderer Stelle fehlen. Schon bald zeigt sich jedoch, dass der militärische Nutzen auf Dauer in keinem Verhältnis zum Aufwand und zu den Verlusten an Material und Besatzungen steht. In den folgenden Wochen und Monaten erreichen nur noch wenige Zeppeline ihr Ziel, Dutzende gehen zudem durch Unfälle verloren oder werden von deutlich wendigeren Jagdflugzeugen abgeschossen. Ein Schicksal, das am 1. Oktober 1916 auch Heinrich Mathy ereilt: Beim neuerlichen Versuch, London zu bombardieren, geht das von ihm gesteuerte Luftschiff nach einem Treffer in Flammen auf und stürzt zu Boden. Es gibt keine Überlebenden.
Ein anderes bedeutendes Ereignis aus dem September 1915, von dem sich die deutsche Militärführung anfangs einiges verspricht, ist ein zunächst noch geheim gehaltenes Bündnis der Mittelmächte mit Bulgarien. Zar Ferdinand I. lässt daraufhin seine Streitkräfte mobilmachen und greift vier Wochen später aktiv ins Kriegsgeschehen ein. Dadurch verlagert sich das Geschehen an der Ostfront zunehmend Richtung Balkan. Ähnlich wie im Westen kommt es jedoch nirgendwo zu einem entscheidenden Durchbruch. Das Folgejahr 1916 ist geprägt von einer russischen Gegenoffensive, die aber ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg bringt: So gelingt es den von Paul von Hindenburg und Leopold von Bayern befehligten deutschen Truppen, den strategisch wichtigen Eisenbahn-Knotenpunkt Kowel in der heutigen Ukraine zu halten.
An den Kämpfen um Kowel ist auch Amandas Vater Georg Hoffrogge beteiligt – und findet dabei am 19. Oktober 1916 den Tod. Wie oft er seine kleine Tochter zuvor noch gesehen hat, liegt heute im Dunkeln. Sie selbst hat an ihn verständlicherweise keinerlei Erinnerung. Mit leichten Einschränkungen gilt das auch für ihren Geburtsort, denn auf dem von Amandas Großeltern Heinrich und Meta Catharine Hoffrogge bewirtschafteten Hof verändern die tragischen Ereignisse die Erbfolge: An die Stelle des jüngeren, zunächst als Nachfolger vorgesehenen Sohnes Georg rückt nach Kriegsende dessen Bruder Diedrich und bringt Ehefrau Anna und vier Kinder mit. Für Amanda und Mutter Lina bleibt da irgendwann kein Platz mehr.
Eine neue Heimat findet Amanda schließlich in Ochholt, und zwar im Haushalt ihrer Tante Anna Harms. Wann genau sie dort ankommt und warum Mutter Lina Amanda bei ihrer Schwester in Obhut gibt, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Man kann sich jedoch gut vorstellen, dass sie in den von der zunehmenden Geldentwertung geprägten Anfangsjahren der Weimarer Republik als alleinstehende und unter gewiss nicht einfachen Bedingungen in der Landwirtschaft arbeitende Kriegerwitwe kaum eine andere Wahl hat. Das gute Verhältnis zueinander scheint diese Entscheidung zudem nicht getrübt zu haben: Mutter und Tochter bleiben sich bis zu Linas Tod im Februar 1970 nahe.
Amandas Onkel Heinrich Harms bewirtschaftet in Ochholt einen kleinen Hof, auf dem sie fortan gemeinsam mit ihrer einige Jahre jüngeren Kusine Grete aufwächst. In Ochholt besucht Amanda später auch die Volksschule. Nach Schulabschluss, Konfirmation und dem Besuch einer Haushaltsschule geht sie bei einem Bauern in der näheren Umgebung in Stellung. Ob in der Wesermarsch oder in der etwas weiter südlich gelegenen Gemeinde Hude, lässt sich knapp 90 Jahre später nur vermuten. Ebenso, wann und bei welcher Gelegenheit sie ihren späteren Ehemann Heinrich Bruns kennenlernt. Heinrich arbeitet – in dieser Kombination damals durchaus nicht unüblich – im Sommer als Maurer und im Winter als Hausschlachter. Nebenbei bewirtschaftet er mit seinem verwitweten Vater Heinrich Bruns Senior einen Hof am Heideweg in Hude, der aber lediglich drei Hektar umfasst.
Amanda und Heinrich heiraten am 15. Januar 1938. Zu dieser Zeit ist die Weimarer Republik längst Geschichte, zerbrochen an den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Seit Anfang 1933 regieren die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler, der seine politischen Ziele knapp zehn Jahre zuvor in der Programmschrift „Mein Kampf“ klar umrissen hat. Dass es ihm mit der „Lösung der Judenfrage“ und der „Gewinnung von Lebensraum im Osten“ bitter ernst ist, verdeutlichen Ereignisse wie die Reichspogromnacht im November 1938 und die immer aggressivere Außenpolitik, die im März 1939 in die Zerschlagung der Tschechoslowakei und sechs Monate später in den Überfall auf Polen mündet.
Am dadurch ausgelösten Zweiten Weltkrieg nimmt Heinrich Bruns von Beginn an als Soldat teil. Amanda, mit ihrem ersten, im April 1940 zur Welt kommenden Sohn Heiko schwanger, bleibt derweil mit Schwiegervater Heinrich Senior in Hude zurück. Ihre Hoffnungen auf ein schnelles Ende des Krieges erfüllen sich nicht – Heinrich muss nach den stets zu kurzen Heimaturlauben an mehrfach wechselnde Einsatzorte zurück. Auf Norwegen folgt die Sowjetunion und schließlich Italien, wo alliierte Truppen nach ihrer Landung auf Sizilien das ganze Jahr 1944 hindurch Geländegewinne erzielen. Auch an allen anderen Fronten befindet sich die Wehrmacht längst auf dem Rückzug. Im Oktober 1944 besetzen amerikanische GIs mit Aachen die erste deutsche Großstadt, fast zeitgleich überschreitet die Rote Armee die Grenze zu Ostpreußen.
Amanda erlebt diese von zunehmenden Fliegerangriffen geprägte Zeit in Erwartung ihres zweiten Kindes: Im Januar 1945 wird Tochter Ilse geboren. Drei Monate später nehmen kanadische Truppen Hude ein. Der Krieg ist zwar nun zu Amandas großen Erleichterung vorbei. Noch ist sie allerdings ohne Nachricht von ihrem in Italien in Gefangenschaft geratenen Ehemann, der erst im Sommer 1945 zurückkehrt. Zuvor bekommt die Familie mit der aus ihrer Heimat Stargard in Pommern geflüchteten Witwe Anna Hackbarth eine weitere Mitbewohnerin. Sie wird zu einer wertvollen Stütze, als im Augu st 1946 Amandas und Heinrichs drittes Kind Egon zur Welt kommt, und bleibt bis zu ihrem Tod im Herbst 1971 ein Teil der Hausgemeinschaft.
Vier Erwachsene und drei Kinder jeden Tag satt zu kriegen, ist in den ersten Nachkriegsjahren selbst auf dem Land eine Herausforderung. Mit zwei Kühen, einem Schwein nebst Ferkeln und einer Schar Hühner im Stall sowie einem großen Gemüsegarten fällt Amanda diese Aufgabe aber sicher leichter als Millionen Großstadtbewohnerinnen oder jenen aus Schlesien vertriebenen Müttern, die 1946 mit ihren Familien in großer Zahl und meist völlig mittellos Hude erreichen. Alles andere als von Nachteil ist es auch, dass Heinrichs Fertigkeiten als Hausschlachter und Maurer in dieser schwierigen Zeit quasi von Beginn an wieder gefragt sind. Anfang der 1950er Jahre findet er im Huder Bauunternehmer Gerd Janzen einen festen Arbeitgeber, während Amanda sich weiter um Haus, Hof und Garten kümmert. Anfang Juli 1954 – drei Tage, bevor Deutschland völlig überraschend zum ersten Mal Fußball-Weltmeister wird – stirbt dann Schwiegervater Heinrich Senior.
Ihre Silberhochzeit im Januar 1963 feiern Amanda und Heinrich im Gasthof von Mathilde Knutzen in Lintel. Im Jahr darauf verlässt Tochter Ilse ihr Elternhaus, bald gefolgt vom älteren Sohn Heiko. Während sich Letzterer nach seiner Hochzeit mit Karin Natczikowski im Bremer Stadtteil Blumenthal niederlässt, zieht es Ilse zunächst nach Hagen und dann nach Frankfurt. Egon wiederum wohnt zeitweise in Bookholzberg, kehrt aber nach Aufgabe der Landwirtschaft und diversen von den Eltern vorgenommenen Umbauten mit seiner Familie an den Heideweg zurück.
Dem ersten, 1966 in Bremen geborenen Enkelkind Carsten folgen für Amanda mit Katja, Sandra, Nina, Nadja und Birgit in den folgenden Jahren noch fünf weitere. Im Dezember 1979 dann ein schmerzhafter Einschnitt: Ehemann Heinrich, schon länger an Krebs erkrankt, stirbt im Alter von nur 67 Jahren. Die folgenden Jahre verbringt Amanda weiter in ihrem Haus zusammen mit der Familie von Egon und Sigrid, wobei neben ihrem Garten, dem sie nach wie vor viel Zeit widmet, vor allem Handarbeiten zu ihren liebsten Beschäftigungen gehören. Mit einer Gruppe Huder Frauen geht sie zudem regelmäßig kegeln. Zwischen der Geburt der beiden Urenkelkinder Hendrik (März 1994) und Laura (Juni 1996) feiert Amanda mit Verwandten, Freunden und Nachbarn in der Gaststätte Menkens in Maibusch ihren 80. Geburtstag.
Anderthalb Monate nach der Geburt von Laura besucht Amanda ein weiteres Mal die Familie von Tochter Ilse in Heldenbergen nördlich von Frankfurt. Zunächst ist alles wie immer – an einem vorher vereinbarten Treffpunkt im Ruhrgebiet nimmt Schwiegersohn Helmut Wolberg sie in Empfang und übernimmt den zweiten Teil der Fahrtstrecke. Für Amanda ist es jedoch eine Reise ohne Wiederkehr: Im Laufe ihres Aufenthalts erleidet sie unvermittelt einen Schwächeanfall und muss daraufhin ins Klinikum Hanau eingeliefert werden. Dort stirbt sie am 27. Juli 1996. Beerdigt ist Amanda fünf Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche.