Hermann Lampe wird am 29. März 1900 als zweites Kind von Hinrich Lampe und Mathilde Lampe auf dem elterlichen Hof in Lintel (heute: Hans-Hermann und Wilma Vink) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Heinrich Lampe und der ältere Bruder von Sophie Plomp, Martha Vink, Georg Hinrich Lampe, Klara Schiller, Hermanda Blank, Alma Lampe, Hinrich Johann Lampe und Lina Lampe.
In den Wochen vor Hermanns Geburt formiert sich im Deutschen Reich massiver Widerstand gegen das im Februar 1900 vom Reichstag in zweiter Lesung beschlossene Sittengesetz Lex Heinze. Benannt ist es nach dem Töpfer Gotthilf Heinze, der sich zu Beginn der 1890er Jahre vor einem Berliner Gericht für diverse Straftaten verantworten musste. Dabei kam unter anderem zutage, dass seine wichtigste Einnahmequelle die Prostitution der eigenen Ehefrau war. Verärgert über diverse reißerische Presseartikel rund um den Heinze-Prozess brachte Kaiser Wilhelm II. bereits 1892 einen Gesetzentwurf auf den Weg, der Zuhälterei stärker sanktionieren sollte. Die nun acht Jahre später vom Parlament gebilligten Änderungen am Strafgesetzbuch gehen jedoch weit darüber hinaus: Verboten sein sollen laut Paragraph 184 StGB fortan auch die Verbreitung von Bildern oder Schriften, die „das Schamgefühl gröblich verletzen“ sowie die Aufführung entsprechender Theaterstücke. Bei Zuwiderhandeln drohen bis zu zwölf Monate Haft.
Vor allem gegen die letztgenannte, staatlicher Definitions-Willkür Tür und Tor öffnende Regelung laufen Kulturschaffende aus dem gesamten Reich Sturm. Von den erfolgreichsten deutschen Dramen des vorangegangenen Jahrzehnts würde kaum ein Werk die Fallgrube des Paragraphen 184 umgehen können, klagt etwa der Dramatiker Hermann Sudermann und höhnt über das, was künftig auf der Bühne noch möglich wäre: „Rasselnde Kettenpanzer oder blumenpflückende lächelnde Mädchen.“ Die satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ wiederum regt kurzerhand an, sämtliche in Museen ausgestellte Venus– und Adonis-Skulpturen in Lederhosen und Dirndl-Kleider zu stecken.
Am 15. März 1900 gründet sich in München der „Goethe-Bund zum Schutz freier Kunst und Wissenschaft“, der in den folgenden Wochen mehrere regionale Ableger erhält. Tatsächlich gelingt es dem von prominenten Mitgliedern wie Adolph von Menzel, Gerhart Hauptmann oder Theodor Mommsen getragenen Verein, das Blatt noch zu wenden: Bei der dritten Lesung am 22. Mai 1900 schlagen sich viele liberale Reichstagsabgeordnete auf die Seite der Sozialdemokraten, die das umstrittene Gesetz von vornherein abgelehnt hatten. Am Ende steht eine Kompromiss-Fassung, der die zunächst angedachten Einschränkungen der Kunst- und Theater-Freiheit größtenteils fallenlässt.
Inwieweit das Lex-Heinze-Gesetz im Frühjahr 1900 auch in Hermanns Geburtsort Lintel diskutiert wird, darüber lässt sich mehr als 120 Jahre später nur spekulieren. Dass die Begriffe Sitte und Moral damals etwas strikter ausgelegt werden als heutzutage, darf man allerdings getrost annehmen. So mag es für den einen oder anderen Dorfbewohner durchaus anstößig gewesen sein, dass Hermanns Eltern erst im März 1899 geheiratet haben – fast vier Monate nach der Geburt seines älteren Bruders Heinrich. Ein vermeintlicher, heute allenfalls Schulterzucken hervorrufender Makel, der aber mit jedem weiteren ehelich geborenen Geschwisterkind weiter in den Hintergrund rücken dürfte.
Über Hermanns Kindheit und Jugend ist in der Familie nur noch wenig bekannt. Mutter Mathilde stammt aus Lintel, sein Vater aus dem Nachbardorf Kirchkimmen. Hinrich Lampe hat die kleine Hofstelle, auf der Hermann und seine Geschwister aufwachsen, erst 1896 gegründet, nebenbei arbeitet er als Schuhmacher und Hausschlachter. Als eines der älteren Kinder lernt Hermann wahrscheinlich früh, in der Landwirtschaft mit anzupacken.
Eingeschult in die vom Lampe-Hof rund einen Kilometer entfernte Volksschule Lintel wird Hermann im Frühjahr 1906 – kurz nach der Geburt des nächstjüngeren, nur sechs Monate lebenden Bruders Georg Hinrich. Zu Hermanns nahezu gleichaltrigen Mitschülern gehören dort unter anderem Adolf Ahlers, Johann Hinrich Möhlenbrock, Hermann Wachtendorf und später auch Johann Quitsch. Letzterer zieht mit seinen Eltern und Geschwistern gegen 1910 von Hude nach Lintel, vier Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Als in Europa im Sommer 1914 einem berühmten Zitat des damaligen britischen Außenministers Edward Grey zufolge buchstäblich „die Lichter ausgehen“, hat Hermann die Volksschule bereits verlassen und ist frisch konfirmiert. Offensichtlich ergreift er danach den Beruf des Maurers, denn in diesem Gewerk arbeitet er zu Beginn der 1920er Jahre, nachdem der Krieg 1918 mit einer deutschen Niederlage und der Abdankung Kaiser Wilhelms zu Ende gegangen ist.
Ob Hermann zwischendurch noch selbst aktiv am aus deutscher Sicht zunehmend aussichtslosen Kriegsgeschehen teilnimmt, liegt heute im Dunkeln. Falls ja, hat er das Glück, unversehrt zurückzukehren – und stirbt doch nur bald darauf im blühenden Alter von 22 Jahren. Erzählungen aus der Familie zufolge kostet ihn am 11. Juli 1922 ein auf einer Baustelle erlittener Stromschlag das Leben, ohne dass über die näheren Umstände heute noch Näheres bekannt ist. Beerdigt ist Hermann vier Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche.