Johann Hermann Wesemann wird am 1. Januar 1878 als sechstes Kind von Johann Diedrich Wesemann und Margarete Sophie Elisabeth Wesemann auf dem elterlichen Hof in Hude geboren. Er ist der jüngere Bruder von Sophie Helene Margarete Meyer, Hermann Heinrich Wesemann, Helene Gesine Henriette Gode, Johann Heinrich Wesemann und Johann Heinrich Wesemann.
Acht Tage nach Johann Hermanns Geburt erliegt in Rom Italiens König Viktor Emanuel II. einer Lungenentzündung. Der 57-jährige Monarch hatte Ende Dezember als leidenschaftlicher Jäger eine Nacht im Freien verbracht und sich dabei eine Erkältung zugezogen, der rasch Fieber und Schüttelfrost folgten. Nach Viktor Emanuels Tod wird sein ältester Sohn Umberto zum neuen König ausgerufen. Zu dessen ersten Entscheidungen gehört es, den Vater nicht der Familientradition folgend in der Basilika von Superga nahe Turin beerdigen zu lassen, sondern im Pantheon zu Rom. Damit will Umberto den Anspruch Italiens auf die bis 1870 zum Kirchenstaat gehörende Metropole untermauern.
Bald nach seiner Inthronisierung begibt sich Umberto auf eine Rundreise durch Italien, die ihn am 17. November 1878 nach Neapel führt. Während einer feierlichen Parade durch die Straßen greift der Anarchist Giovanni Passannante Umberto mit einem Säbel an. Er verletzt ihn allerdings nur leicht und kann überwältigt werden. Am folgenden Tag explodiert auf einer von Königsanhängern organisierten Prozession eine Bombe, die zwei Menschen das Leben kostet. Daraufhin kommt es überall im Land zu zahlreichen Verhaftungen. Die gegen Passannante verhängte Todesstrafe wird später in lebenslange Haft umgewandelt.
Attentate auf Monarchen oder führende Politiker gibt es in den späten 1870er Jahren reichlich – nicht nur von Anarchisten und nicht nur in Italien. Im Deutschen Reich etwa feuert im Mai 1878 der sozialistische Klempnergeselle Max Hödel zwei Revolverschüsse auf Kaiser Wilhelm I. ab. Obwohl niemand zu Schaden kommt, wird Hödel wegen Hochverrat zum Tode verurteilt. Nicht so glimpflich für den Kaiser geht das nächste Attentat aus: Die von dem promovierten Landwirt Karl Eduard Nobiling am 2. Juni 1878 abgegebenen Schüsse aus einer Schrotflinte verletzen Wilhelm schwer. Reichskanzler Otto von Bismarck nutzt diesen Anschlag, um das gegen den SPD-Vorläufer SAP gerichtete Sozialistengesetz durch den Reichstag zu bringen.
Tödlich endet zwei Monate nach der Nobiling-Attacke der Anschlag auf Nikolai Mesenzow. Der Leiter der russischen Geheimpolizei wird am 16. August 1878 – dem Tag der Hinrichtung von Max Hödel – in St. Petersburg von dem Anarchisten Sergei Krawtschinski auf offener Straße erdolcht. Zwei Attentate auf Spaniens König Alfons XII. wiederum schlagen im Oktober 1878 und im Dezember 1879 fehl. Russlands Zar Alexander II. überlebt zwischen April 1879 und März 1881 sogar vier Mordanschläge unbeschadet. Beim fünften, unmittelbar im Anschluss an das vierte Attentat verübten Versuch verletzt dann die dabei detonierte Bombe sowohl Alexander als auch den Täter Ignati Grinewizki so schwer, dass beide noch am selben Tag sterben. Alexanders Sohn und Nachfolger Alexander III. entkommt im März 1887 ebenfalls nur knapp einem Bombenanschlag.
Für das Jahr 1887 sind im Kirchenbuch der Gemeinde Hude zwei Ereignisse vermerkt, die Johann Hermanns Leben nachhaltig verändern. Am 28. März stirbt zunächst seine aus Tweelbäke stammende Mutter, am 26. Dezember dann auch sein Vater. Als Todesursache nennt das Kirchenbuch der Gemeinde Hude eine Lungenentzündung beziehungsweise einen plötzlichen Schlaganfall. Zu diesem Zeitpunkt leben nur noch vier der ursprünglich fünf Geschwister: Der ältere der beiden auf den Namen Johann Heinrich getauften Brüder hat 1872 kurz vor seinem dritten Geburtstag eine Masern-Infektion nicht überstanden.
Wie es nach dem Tod des Vaters für Johann Hermann weitergeht, lässt sich aus heutiger Sicht nur vermuten. Kommt er als Vollwaise in eine Pflegefamilie? Gut möglich, dass ihn die älteste, seit 1881 mit Hermann Bernhard Meyer verheiratete Schwester aufnimmt. Gemäß Jüngstenrecht ist Johann Hermann Grunderbe des elterlichen Betriebs, er lässt sich aber von seinem älteren Bruder Hermann Heinrich abfinden. Der führt den Hof weiter, muss ihn aber 1912 nach einem Brand neu aufbauen.
Der offizielle Verkauf an den Bruder erfolgt irgendwann um die Jahrhundertwende. Vielleicht ist sich Johann Hermann da schon sicher, dass er durch die Beziehung zu seiner künftigen Ehefrau Mathilde Busch später einmal den Hof von deren Eltern Hermann Diedrich und Anna Catharina Busch in Lintel (heute: Guido und Susanne Einemann) übernehmen kann. Als er Mathilde im März 1903 heiratet, sind Johann Hermanns Schwiegereltern 72 und 63 Jahre alt und vermutlich froh, nach der Übergabe des Hofes allmählich etwas kürzer treten zu können.
Im Dezember 1903 kommt Johann Hermanns und Mathildes erstes Kind Hermann Diedrich zur Welt, im August 1907 folgen die Zwillingstöchter Hermanda und Alma. Die Freude über den doppelten Nachwuchs wird jedoch schon ein knappes Jahr später durch den frühen Tod des Sohnes getrübt. Auch Schwiegervater Hermann Diedrich Busch ist inzwischen verstorben, so dass der Haushalt inklusive Schwiegermutter Anna Catharine fortan aus fünf Personen besteht.
Zwar ist mittlerweile ein neues Jahrhundert angebrochen, doch die Zahl politisch motivierter Attentate bleibt hoch. Prominente Opfer jener Zeit sind neben diversen russischen Ministern und Angehörigen der Zarenfamilie Italiens König Umberto (Juli 1900), US-Präsident William McKinley (September 1901), Serbiens König Aleksandar und seine Ehefrau Draga (Juni 1903) sowie Portugals König Karl I. und Kronprinz Luís Filipe (Februar 1908). Der folgenschwerste Anschlag mit in der Folge vielen Millionen Toten ereignet sich am 28. Juni 1914 in Sarajevo: Die Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Ehefrau Sophie durch serbische Nationalisten löst Anfang August 1914 den Ersten Weltkrieg aus.
Ob Johann Hermann aktiv als Soldat am Kriegsgeschehen teilnimmt, liegt heute im Dunkeln. Ausgeschlossen ist es keineswegs, schließlich ist er im August 1914 erst 36 Jahre alt. Sollte es so sein, kehrt er aber in jedem Fall spätestens Ende 1918 nach Lintel zurück. Wie es ihm und seiner Familie in den folgenden, angesichts des verlorenen Krieges sowohl politisch als auch wirtschaftlich äußerst schwierigen Anfangsjahren der Weimarer Republik ergeht, dazu ist ebenfalls nur sehr wenig überliefert. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass angesichts der äußeren Umstände die Zahl der Attentate auf deutschem Boden wieder zunimmt – zu den Opfern gehören Bayerns Ministerpräsident Kurt Eisner (Februar 1919), der USPD-Vorsitzende Hugo Haase (Oktober 1919), Ex-Finanzminister Matthias Erzberger (August 1921) und Reichsaußenminister Walther Rathenau (Juni 1922).
Nach dem Ende der 1923 auf ihren Höhepunkt zusteuernden Hyperinflation kommt es zu einem später als „Goldene Zwanziger“ verklärten Aufschwung, der aber schon wenige Jahre später fast nahtlos in die Weltwirtschaftskrise übergeht. In Lintel dürfte Johann Hermann diese von vielen Unsicherheiten begleitete Zeit vor allem durch die Hochzeiten seiner Töchter in Erinnerung bleiben. Hermanda heiratet im April 1929 Georg Einemann aus Kirchhatten, Alma im Oktober 1932 Hermann Wenke aus Köterende. In der Anfang 1933 anbrechenden Epoche der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sind es dann vor allem die Enkelkinder Günter, Horst, Ilse und Erwin, die Johann Hermanns und Mathildes Alltag auf dem inzwischen von Georg und Hermanda geführten Hof bereichern.
Johann Hermann stirbt am 20. November 1939 – knapp drei Monate nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und zwei Wochen nach dem gescheiterten Attentat von Georg Elser auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräu-Keller. Beerdigt ist er fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.