Emil Georg Haverkamp wird am 11. August 1906 als erstes Kind von Johann Haverkamp und Annchen Haverkamp in Hurrel geboren. Er ist der ältere Bruder von Alwine Vosteen.
In der Woche vor Emils Geburt läuft auf der Germania-Werft in Kiel das erste U-Boot der Kaiserlichen Marine vom Stapel. Das später auf den Namen „U1“ getaufte Boot ist 42 Meter lang, 3,75 Meter breit und wiegt rund 150 Tonnen. Mit seiner zwölfköpfigen Besatzung kann es 30 Meter tief tauchen und zwölf Stunden lang unter Wasser bleiben. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt knapp 11 Knoten (umgerechnet 20 Stundenkilometer).
Technisch befindet sich „U1“ absolut auf der Höhe der Zeit – auch wenn andere Länder wie Großbritannien, die USA und vor allem Frankreich in der Nutzung dieser Waffengattung dem Deutschen Reich um Jahre voraus sind. Letzteres liegt in erster Linie an den Vorbehalten von Großadmiral Alfred von Tirpitz: Der Leiter des Reichsmarineamts charakterisiert U-Boote als ein Instrument für Feiglinge, die den offenen, ritterlichen Kampf auf See scheuen. Wie Kaiser Wilhelm II. favorisiert Tirpitz den Bau großer Panzerschiffe. Er lässt sich erst umstimmen, als 1904 sogar das als rückständig geltende Russische Reich mit dem Aufbau einer eigenen U-Boot-Flotte beginnt und den entsprechenden Auftrag ausgerechnet an die Germania-Werft vergibt.
Obwohl in den Jahren zuvor auch aus der deutschen Öffentlichkeit heraus immer wieder der Ruf nach einem eigenen U-Boot laut geworden war, greift die überregionale Presse den Stapellauf von „U1“ zunächst kaum auf. Insbesondere in konservativen und kirchlichen Blättern beherrscht in den Tagen vor Emils Geburt ein ganz anderes Aufreger-Thema die Schlagzeilen. Stein des Anstoßes ist ein neues, überall in den Schulen des Reiches aufgehängtes Porträtbild von Kaiserin Auguste Viktoria, das nach Ansicht vieler Kommentatoren zu viel Dekolleté zeigt. So schreibt das „Düsseldorfer Tageblatt“ am 7. August 1906: „In einer Zeit, wo man auf interkonfessionellem Boden bestrebt ist, der überhandnehmenden Unsittlichkeit in Wort und Bild einen Damm zu setzen, sollte man doch von Seiten der Schule alles meiden, was das Zartgefühl der Kinder beleidigen könnte, und dazu sind vorgenannte Bilder tatsächlich geeignet.“
Ob das derart kritisierte Kaiserinnen-Porträt auch in der später von Emil besuchten Volksschule in Hurrel zum Einsatz kommt und welche Reaktionen es dort hervorruft, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Genauso liegt im Dunkeln, wo genau Emil eigentlich geboren wird – sehr wahrscheinlich auf dem von seinem Patenonkel Georg von Seggern und Großmutter Anna von Seggern geführten Hof am Vossbarg (heute: Erwin und Christa Haverkamp). Möglich ist aber auch, dass Emils Eltern zu diesem Zeitpunkt auf einem anderen Hurreler Hof in Stellung sind, denn im Kirchenarchiv der Gemeinde Hude findet sich bei der Berufsbezeichnung des Vaters der Hinweis „Landwirtsgehilfe zu Hurrel“. Dieselbe Bezeichnung findet sich bei der Geburt seiner Schwester Alwine im Januar 1908. Die folgenden Jahre verbringt Emil allerdings auf dem Hof seines Großvaters Ernst Haverkamp (heute: Frederik Holst) am Schottweg in Lintel, den Johann und Annchen Anfang 1909 nach dessen Tod übernehmen.
Noch bevor Emil eingeschult wird, stirbt im Juni 1910 auch Vater Johann an einer im Kirchenbuch nicht näher bezeichneten Lungenkrankheit. Als sein Onkel Georg von Seggern im Juli 1915 an der Front in Nordfrankreich als einer der ersten Hurreler dem Ersten Weltkrieg zum Opfer fällt, zieht Mutter Annchen mit den beiden Kindern an ihren Geburtsort zurück und bewirtschaftet vom Von-Seggern-Hof aus beide Betriebe. Dem Besuch der von seinem neuen Zuhause nur wenige hundert Meter entfernt liegenden Volksschule kann Emil dabei in den Wirren des Krieges nur die allernötigste Zeit widmen: Da Mutter Annchen und Großmutter Anna bei der Bewirtschaftung der beiden Höfe weitgehend auf sich allein gestellt sind, lernt er früh mitanzupacken.
Nach der im November 1918 besiegelten Niederlage Deutschlands und dem Übergang vom Kaiserreich zur Demokratie kristallisiert sich rasch heraus, dass die Familie beide Höfe auf Dauer nicht halten kann. Um das dringend benötigte Kapital für den Kauf eines Ackerpferdes zu beschaffen, verkauft Emils Mutter 1920 den Hof ihres verstorbenen Ehemannes und konzentriert sich – mit Emils maßgeblicher Hilfe – ganz auf den 16 Hektar großen Betrieb in Hurrel. Im Jahr darauf, am 20. März 1921, wird Emil konfirmiert.
Die hohe Arbeitsbelastung lässt zunächst etwas nach, denn mit Georg Sparke aus Maibusch – einem jüngeren Bruder des Nachbarn Heinrich Sparke – ist im Mai 1920 ein neuer Stiefvater ins Haus gekommen. Letztlich entwickeln Emil und Georg jedoch ein eher gespanntes Verhältnis zueinander, das sich auch nach Emils Hochzeit mit Marta Nehls aus Vielstedt im Oktober 1934 und dem Tod seiner Mutter zwei Jahre später nicht wesentlich verbessert. Im Gegenteil – es kommt zu Erbstreitigkeiten, die erst im Juli 1953 mit der Überschreibung des Hofes auf Emil enden.
Zügig nach seiner Hochzeit mit Marta geht Emil daran, das für den zu erwartenden Nachwuchs zu kleine Haus auszubauen. Im Juli 1937 wird Tochter Elfriede geboren, im Juli 1941 Sohn Ewald. Einer Einberufung zum von den Nationalsozialisten mit dem Überfall auf Polen provozierten Zweiten Weltkrieg steht Emils zu diesem Zeitpunkt angesichts gelegentlicher Asthma-Anfälle bereits leicht angeschlagene Gesundheit entgegen. Erst gegen Ende des zu diesem Zeitpunkt längst verlorenen Krieges muss er sich zum Volkssturm melden und tut einige Monate lang Dienst in einer Flugabwehr-Stellung an der Nordsee.
Die Nachkriegszeit beginnt für Emil und Marta wie für viele andere Hurreler mit der Einquartierung von Flüchtlingen aus den verlorenen Ostgebieten, in diesem Falle von drei Mitgliedern der Familie von Franz Röcker. Obwohl Emil nach wie vor nicht voll belastbar ist, macht er den Hof in den folgenden zwei Jahrzehnten wettbewerbsfähig für den bereits in den 50er Jahren einsetzenden Strukturwandel der Landwirtschaft. So errichtet er 1952 nach einem Unwetterschaden eine neue Scheune und stockt den Bestand an Kühen, Schweinen und Geflügel Schritt für Schritt auf.
Im Juli 1968 verpachtet Emil den Betrieb an Sohn Ewald, der ihn schließlich im Juni 1980 ganz übernimmt. Danach treten Emil und Marta ein Stückchen weit kürzer und unternehmen in ihrer freien Zeit viele Tagestouren, oft zusammen mit Erich Vosteen. Der einzige größere Urlaub, den sich beide zeitlebens gönnen, führt sie bereits in den 60er Jahren zu Emils Tante Meta Ertel nach Baden-Württemberg.
Obwohl Marta ab Mitte der 70er Jahre zunächst mit den Folgen eines Schlaganfalls und später mit einer Krebserkrankung kämpft, feiern beide im Oktober 1984 bei zufriedenstellender Gesundheit das Fest der Goldenen Hochzeit. Nach Martas Tod im August 1987 fordern aber auch bei Emil die Belastungen der vorangegangenen Jahrzehnte ihren Tribut: Er stirbt am 28. Februar 1990 an Altersschwäche und wird fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.