Gretel Janzen wird am 4. Januar 1919 als einziges Kind von Bernhard Friedrich August Eilers und Gesine Friederike Eilers am elterlichen Wohnsitz in Reiherholz geboren.
Am Tag von Gretels Geburt eskaliert der Machtkampf zwischen der nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg eingesetzten, vom SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert geführten provisorischen deutschen Reichsregierung und radikalen Sozialisten, die das Land in eine Räterepublik nach russischem Vorbild umwandeln wollen. Anlass ist die an jenem 4. Januar verkündete Entscheidung Eberts, den Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn (USPD) abzusetzen. Letzterer zählt zu den Räterepublik-Anhängern um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und hatte sich unter anderem während der Weihnachts-Unruhen im Dezember 1918 geweigert, gewaltsam gegen meuternde Einheiten der linksgerichteten Volksmarinedivision vorzugehen.
Als Reaktion auf die Absetzung ruft der Vorstand der USPD noch am selben Tag zu einer Demonstration für den 5. Januar auf. In deren Verlauf besetzen Revolutionäre die Redaktion der SPD-eigenen Tageszeitung „Vorwärts“ und andere Berliner Verlagsgebäude. Es folgt die Bildung eines provisorischen Revolutionsausschusses, dessen Mitglieder sich aber abgesehen von einer Aufforderung zum Generalstreik nicht auf das weitere Vorgehen einigen können. Während der harte Kern um Liebknecht die provisorische Regierung mit Waffengewalt stürzen und so die für den 19. Januar angesetzte Wahl zur Nationalversammlung verhindern will, plädieren andere für Verhandlungen. Dazu ist aber letztlich auch die Gegenseite nicht mehr bereit: Am 7. Januar überträgt Ebert dem späteren Reichswehrminister Gustav Noske den Oberbefehl über die in Berlin und im Umland stationierten Truppen. Er lässt die Revolte mit Hilfe von republikfeindlichen Freikorps-Einheiten in den folgenden Tagen blutig niederschlagen.
Am 12. Januar hat die provisorische Regierung die Lage wieder unter Kontrolle. Der letzte Akt des als Spartakusaufstand in die Geschichtsbücher eingehenden Dramas folgt am 15. Januar, als Freikorps-Soldaten spätabends – sehr wahrscheinlich im Auftrag oder zumindest mit Billigung Noskes – die kurz zuvor in Wilmersdorf verhafteten Revolutionsführer Liebknecht und Luxemburg ermorden. Vier Tage später geht die SPD mit einem Stimmenanteil von 37,9 Prozent als stärkste Partei aus den Wahlen hervor, die USPD erreicht lediglich 7,6 Prozent. Nach der Bildung einer Koalition aus SPD, Zentrum und DDP bestimmt das neue Parlament am 11. Februar 1919 Friedrich Ebert mit großer Mehrheit zum Reichspräsidenten.
Wahrhaft turbulente Zeiten also, in die Gretel hineingeboren wird. Und sie werden kaum besser: Kapp-Putsch, Ruhrbesetzung, dazu die sich bis zur Hyperinflation steigende Geldentwertung – Anfang der 1920er Jahre jagt in der jungen, durch den Versailler Vertrag geknebelten Weimarer Republik eine Krise die andere. Wie Gretel und ihre Eltern all diese Ereignisse erleben, liegt heute weitgehend im Dunkeln. Auch sonst ist über ihre Kinder- und Jugendzeit, in der die 1929 in den USA ausbrechende Weltwirtschaftskrise und vier Jahre später die Machtübernahme der Nationalsozialisten weitere Eckpunkte markieren, nur sehr wenig überliefert. Immerhin so viel: Als junges Mädchen plumpst sie einmal in einen Moorgraben, weshalb sie sich in der Nähe von Wasser zeitlebens unwohl fühlt.
Den größten Teil ihrer Schulzeit verbringt Gretel Erzählungen aus der Familie zufolge in Hude, einen Teil aber offenbar auch in Lintel. Nach Schulabschluss und Konfirmation geht sie zunächst auf einem Bauernhof in Reiherholz in Stellung, später dann auf dem an Heinrich und Gesine Nehls verpachteten Zweit-Hof von Diedrich Hoffrogge an der Linteler Straße (heute: Gerrit und Linda Schlötelburg). Dort lernt sie vermutlich ihren künftigen Ehemann Dietrich Janzen kennen, dessen Eltern Hinrich und Meta Janzen in fünfter Generation eine kleine Brinksitzerei am heutigen Janzenweg bewirtschaften.
Gretel und Dietrich heiraten am 16. Mai 1941. Zu diesem Zeitpunkt tobt bereits seit mehr als anderthalb Jahren der durch den deutschen Überfall auf Polen ausgelöste Zweite Weltkrieg, an dem Dietrich allerdings nicht teilnimmt. Im Mai 1944 – nur wenige Wochen, bevor die geglückte Invasion alliierter Truppen in der Normandie die letzte Phase des Krieges einläutet – bringt Gretel Tochter Helga zur Welt. Noch bevor Helga laufen lernt, ist im Mai 1945 das von den Nationalsozialisten angestrebte Tausendjährige Reich mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht nach nur zwölf Jahren am Ende.
Die ersten Nachkriegsjahre auf dem Janzen-Hof sind wie überall in Deutschland von Not und Mangel geprägt. Wobei Gretel im Vergleich zu manch anderen Frauen ihrer Generation noch glimpflich davongekommen ist: Sie hat weder ihren Ehemann verloren noch ihre Heimat, und sie leidet auch nicht Hunger wie Millionen Menschen in den Großstädten. Zudem geht es für ihre kleine Familie nach dem Tod der Schwiegereltern – Schwiegermutter Meta stirbt im September 1952, Schwiegervater Hinrich elf Monate später – wirtschaftlich stetig bergauf. Zwar steigt die zur Verfügung stehende Fläche des Hofes von sieben Hektar nicht wesentlich, dafür schnellt die Zahl der gehaltenen Tiere in die Höhe. In der Spitze sind es neben einigen Kühen bis zu 70 Schweine und 800 Hühner, für deren Versorgung in erster Linie Gretel und Tochter Helga verantwortlich sind: Dietrich arbeitet nebenbei noch als Zähler-Ableser für die EWE und ist tagsüber viel mit dem Fahrrad unterwegs.
Im Oktober 1965 heiratet Helga Ewald Stolle aus Hurrel. Bereits unmittelbar nach ihrer im Vorjahr geschlossenen Verlobung haben beide für sich auf dem Janzen-Hof mit dem Anbau eines weiteren Wohntrakts begonnen, der auch für Gretels 1967 geborene Enkelin Silvia zum Zuhause wird. Trotz des männlichen Zuwachses bleibt die Landwirtschaft ein vor allem von Gretel und Helga geführter Nebenerwerb: Schwiegersohn Ewald arbeitet hauptberuflich als Schlosser für den in den 60er Jahren stark expandierenden Bagger-Hersteller Weyhausen in Ganderkesee.
Für ihre wie sie selbst als Einzelkind aufwachsende Enkeltochter Silvia wird Gretel zu einer starken Identifikationsfigur – von der Mitarbeit im hofeigenen Gemüsegarten bis hin zu stundenlangem Kartenspiel unternehmen beide vieles gemeinsam. Etwas ganz Besonderes ist dabei immer der alljährliche Besuch des Kramermarkts in Oldenburg. Obwohl von ihrem Wesen her eher sparsam und vernunftbetont, steuert Gretel dann meist als erstes eine der zahlreichen Losbuden des Marktes an, was der Enkelin so manches Kuscheltier für das heimatliche Kinderzimmer beschert.
In den 1980er Jahren gewinnt der Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter an Fahrt, dementsprechend sinkt die Bedeutung des Nebenerwerbs. Finanziell ist das kein größeres Problem, doch zu Beginn des neuen Jahrzehnts stellt das Schicksal die Weichen für Gretel und ihre Familie noch einmal völlig neu. Im März 1990 stirbt Ehemann Dietrich, nur vier Monate später völlig überraschend auch Schwiegersohn Ewald. Da Enkeltochter Silvia seit ihrer Heirat mit Christian Kokott in Kreyenbrück wohnt, beschließt Helga, den Hof zu verkaufen. Sie lässt auf einem Bauplatz in Silvias unmittelbarer Nachbarschaft ein Eigenheim errichten, in dem Gretel nach der Fertigstellung zwei Zimmer im Obergeschoss bezieht.
Die Umstellung vom Land- aufs Stadtleben fällt Gretel anfangs nicht leicht, bringt aber unter dem Strich deutlich mehr Vor- als Nachteile. Vor allem erhält sie so die Möglichkeit, ihre 1991 und 1994 geborenen Urenkel Torben und Fabian aufwachsen zu sehen. Mit ihnen und den anderen Familienmitgliedern erlebt Gretel noch einige zufriedene Jahre, unternimmt Ausflüge in die nähere Umgebung und hält auch den Kontakt zu früheren Nachbarinnen in Lintel wie Magda Wachtendorf.
Anfang 1999 feiert Gretel mit Verwandten und Freunden im Bümmersteder Krug ihren 80. Geburtstag. Bald danach erkrankt sie jedoch an Krebs, was 2001 einen längeren Krankenhausaufenthalt und die spätere Pflege durch Helga erforderlich macht. Gretel stirbt am 17. September 2003, beerdigt ist sie wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.