„Jeder Mensch lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung.“
Honoré de Balzac (1799 – 1850)
Das Internet vergisst nicht – mit diesem Spruch ist schnell zur Hand, wer seine Mitmenschen vor den Gefahren des World Wide Web warnen will. Bei Jugendlichen, die ihre im Smartphone eingebaute Kamera bei Schritt und Tritt auf alles richten, was sie selbst und ihre Party-Gemeinde gerade unternehmen, mag diese Warnung durchaus angebracht sein.
Doch es gibt auch einen Bereich, in dem die vermeintliche Schwäche – das Nichtvergessen – zur Stärke wird. Wir lesen täglich davon in Todesanzeigen. „Tot ist nur, wer vergessen wird“, heißt es dort zum Beispiel ein ums andere Mal, angelehnt an einen Ausspruch des Philosophen Immanuel Kant. Und dem Internet-Portal Abschiedstrauer.de zufolge lautet in Deutschland die beliebteste Nachruf-Überschrift wie folgt: „Und immer sind da Spuren deines Lebens, Gedanken, Bilder und Augenblicke. Sie werden uns an dich erinnern, uns glücklich und traurig machen und dich nie vergessen lassen.“
Doch nicht nur den Hinterbliebenen spendet die Erinnerung an einen verstorbenen Menschen Trost. „Ich habe einen Horror vor dem Tod“, schrieb einmal die amerikanische Dichterin Emily Dickinson und erläuterte auch sogleich warum: „Die Toten sind so schnell vergessen. Aber nach meinem Tod muss man sich einfach an mich erinnern.“
Nicht vergessen zu werden ist also etwas Gutes – und wenn uns das Internet dabei helfen kann, umso besser. Das ist der Grundgedanke, der hinter dieser Webseite steht. Strenggenommen müsste es diesem Gedanken folgend eine Art Wikipedia für Verstorbene geben – damit die Welt in der gleichnamigen Enzyklopädie nicht nur etwas über Immanuel Kant, Emily Dickson und sonstige Prominente ihrer jeweiligen Epoche erfährt, sondern auch über alle anderen Menschen, die jemals auf dieser Erde gelebt haben.
Ein frommer Wunsch, gewiss. Doch was hindert uns daran, ihn herunter zu brechen auf eine überschaubarere Ebene? Auf die eigene Familie oder einen konkret benannten Kreis von Personen, den etwas Gemeinsames verbindet? Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt: Das kann ein Verein sein, eine einmal besuchte Schule – oder eben ein Ort, in dem man einen mehr oder weniger großen Teil seines Lebens verbracht hat.
Der Ort, an dessen verstorbene Einwohner diese Webseite erinnern möchte, ist das Dorf Lintel, ein Ortsteil der zwischen Oldenburg und Bremen gelegenen Gemeinde Hude. Allen dort jemals sesshaft gewesenen Menschen Gesicht, Gestalt und eine Biografie zu geben, wird sich dabei aus naheliegenden Gründen nicht verwirklichen lassen: Schließlich wurde Lintel bereits im Jahre 1272 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Dem Oldenburger Heimatforscher Walter Janßen-Holldiek (1913 – 2009) zufolge ist Lintel schon seit der römischen Kaiserzeit durchgehend bewohnt. Einzelne Grabhügel deuten sogar auf eine Besiedlung während der Mittleren und Späten Bronzezeit hin. Möglichst viele Linteler vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit vor dem Vergessenwerden zu bewahren, bleibt dennoch der Anspruch, an dem sich die für die Gestaltung dieser Seite Verantwortlichen messen lassen wollen. Heute, aber auch noch in 25, 50 oder 100 Jahren.
Noch ein Wort zur Vorgehensweise: Selbstverständlich gibt es auf dieser Seite keine Zeugnisse von Verstorbenen, deren Nachkommen dazu nicht ausdrücklich ihre Zustimmung erklärt haben. Bei Fotos und Videos, die außer bereits Verstorbenen auch lebende Personen zeigen, liegt deren Zustimmung ebenfalls vor.