Bertha Gesine Galdas wird am 2. August 1875 als neuntes Kind von Berend Galdas und Beta Margarete Galdas auf dem elterlichen Hof in Lintel (heute: Otto Drieling) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Claus Galdas, Meta Braun, Adeline Drieling, Anna Geerken, Gesine Dangel, Johann Galdas, Catharine Bellanga und Mathilde Sommerlott und die ältere Schwester von Karl Bernhard Galdas.
Zwei Wochen nach Berthas Geburt weiht Kaiser Wilhelm I. im Teutoburger Wald bei Detmold das Hermannsdenkmal ein. Es erinnert an den Cherusker-Fürsten Arminius, der den in Germanien stationierten Truppen des römischen Feldherrn Publius Quinctilius Varus im Jahre 9 nach Christi Geburt eine vernichtende Niederlage beibrachte. Ein zeitweise völlig in Vergessenheit geratener Sieg, der im seit dem Mittelalter in zahlreiche Einzelstaaten zersplitterten Deutschland erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder ins allgemeine öffentliche Bewusstsein rückt: In den Befreiungskriegen gegen die französische Besetzung unter Napoleon Bonaparte wird eine Identifikationsfigur benötigt, für die Arminius – im Volksmund Hermann genannt – nahezu perfekte Voraussetzungen mitbringt.
Trotzdem ist es von der Wiederentdeckung des Arminius bis zur Errichtung des ihm gewidmeten Denkmals am damals vermuteten Ort der Varus-Schlacht noch ein weiter Weg. Niemand weiß das besser als der Bildhauer und Maler Ernst von Bandel, auf dessen Initiative das Hermannsdenkmal zurückgeht und der diesem Projekt fast sein ganzes künstlerisches Leben gewidmet hat. Bandel entwickelt die Idee dazu bereits Mitte der 1830er Jahre und findet recht schnell Mithelfer: Die Bauarbeiten am Sockel beginnen 1838. Nach deren Abschluss 1846 überwirft sich Bandel jedoch mit diversen Förderern, am Ende fehlt ihm für einen Weiterbau das nötige Geld. Obwohl er rastlos für eine zügige Wiederaufnahme wirbt, gerät sein Lebenstraum in den Wirren der Märzrevolution und der sich anschließenden Reaktions-Ära zusehends in Vergessenheit. Erst mit den von Otto von Bismarck geführten Einigungskriegen flammt das Interesse wieder auf. Dabei erweist sich Wilhelm I. persönlich als einer der eifrigsten Unterstützer Bandels und schießt am Ende aus seiner Privatschatulle das noch fehlende Geld für die Fertigstellung zu.
Am Morgen des 16. August 1875 herrscht am Fuße der inklusive Sockel knapp 53,5 Meter hohen Statue Volksfeststimmung. Rund 30.000 Schaulustige feiern ihren Kaiser und natürlich auch Bandel, der bereits von schwerer Krankheit gezeichnet ist. Die populäre Zeitschrift „Gartenlaube“ schildert ihren Lesern diese Szene später wie folgt: „Es war der bedeutungsvollste Augenblick des ganzen Festes, als beide Greise, der Kaiser und der Künstler, dort standen, Hand in Hand; jeder auf der Höhe seines Wirkens, jener in der Mitte seines durch ihn geeinigten Volkes, ein würdiger, nur glücklicherer Nachfolger des Helden, dessen Erinnerung die Feier des Tages galt, dieser am Ziele seiner Arbeit und seines Strebens, den Lorbeer des Ruhmes empfangend.“
Wahrhaft pathetische Worte – die vermutlich auch im Großherzogtum Oldenburg ihre beabsichtigte Wirkung nicht verfehlen. Wie überall im vier Jahre zuvor gegründeten Deutschen Reich dürfte die Mehrzahl der Leser der von Arminius zu Wilhelm gezogenen Linie folgen und in dem Denkmal ein Symbol gegen alle Gegner des neuen Nationalstaates sehen. Angesichts des gerade erst entbrannten Kulturkampfes gegen die katholische Kirche und ihren in Rom residierenden Papst, aber vor allem und über alle Konfessionen hinweg gegen den vermeintlichen Erbfeind Frankreich: Nicht von ungefähr reckt der kupferne Hermann sein 550 Kilogramm wiegendes Schwert Richtung Westen.
In Berthas Heimatort Lintel gibt es einige Veteranen des 1870/71 geführten Deutsch-Französischen Krieges. Lauscht Bertha als Jugendliche – wie später ihr Neffe Johann Geerken – deren Erzählungen, und trägt es auch in diesem Fall dazu bei, einen bereits vorhandenen Berufswunsch zu festigen oder sich diesem gar erst bewusst zu werden? Wobei es nicht wie bei Johann Geerken um den Beruf des Soldaten geht, sondern um den der Krankenschwester. Tatsächlich ist der Name Florence Nightingale zu jener Zeit in Deutschland durchaus ein Begriff, haben doch Zeitungen und Illustrierte wie die „Gartenlaube“ mehrfach äußerst respektvoll über die britische Krankenschwester und ihr Wirken im 1856 beendeten Krim-Krieg berichtet.
Bevor Bertha ihr Berufsziel verwirklicht, wächst sie als jüngstes von neun Geschwisterkindern – der im August 1877 geborene Bruder Karl Bernhard lebt lediglich drei Monate lang – auf dem elterlichen Hof am Schnitthilgenloh auf. Vater Berend arbeitet wie auch Berthas ältester Bruder Claus neben der Landwirtschaft als Zimmermann. Dabei dürfte sich der Alltag der Familie in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts nur marginal von jenem unterscheiden, den Neffe Johann Geerken rund 20 Jahre später erlebt und ab 1974 in seinen Erinnerungen zu Papier bringt.
Sehr wahrscheinlich ab dem Frühjahr 1882 besucht Bertha die gemeinsam mit dem Nachbardorf Hurrel betriebene Volksschule, wo unter anderem Annchen Barkemeyer, Marie Johanne Logemann, Wilhelmine Voigt, Anna Wilkens, Gesine Wilkens und Catharine Witte – ältere Schwester des später weit über Lintel hinaus bekannten Malers Heinz Witte-Lenoir – zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen gehören. Nur wenige Wochen bevor Bertha gemäß dieser Zeitrechnung im Frühjahr 1890 die Schule abschließt und konfirmiert wird, verlässt ihre neun Jahre ältere Schwester Gesine Lintel Richtung Nordamerika. Mit Meta, Anna, Catharine und Mathilde nehmen gleich vier Schwestern denselben Weg.
Für Bertha scheint dies zunächst keine Option zu sein. Wo sie sich gemäß ihrem Wunsch zur Krankenschwester ausbilden lässt, liegt heute allerdings im Dunkeln. Überliefert ist lediglich, dass sie im Januar 1894 noch im elterlichen Haushalt weilt und dort die tragischen Ereignisse jener Wochen aus nächster Nähe miterlebt. Innerhalb von nur zehn Tagen sterben Meta Galdas – Ehefrau von Berthas Bruder Claus – und ihre beiden Söhne Bernhard und Heinrich an Diphtherie. Bertha steckt sich allem Anschein nach ebenfalls mit dem potenziell tödlichen Erreger an, erkrankt aber nur leicht. Weil im März 1894 auch Claus Galdas stirbt, kehrt kurz darauf die gemeinsame Schwester Anna aus den USA zurück und übernimmt mit ihrem späteren Ehemann Diedrich Geerken den Hof.
Ob Bertha beim Tod von Vater Berend im Juli 1896 noch in Lintel lebt, ist in der Familie heute nicht mehr bekannt. Später arbeitet sie einige Jahre in Köln, kommt aber immer noch regelmäßig zu Besuch. Ihr im Januar 1897 geborener Neffe Johann Geerken schreibt dazu in seinen Erinnerungen: „Sie kam stets in Schwesterntracht und blieb oft einige Tage. Mit vielen neugierigen Fragen wurde sie von uns überhäuft. Sie war für uns ein Idol besonderer Art. Mit viel Liebe und Hingabe war sie bei ihren Besuchen stets für uns da.“
Kurz nach dem Tod von Mutter Beta Margarete im Juni 1903 kommen noch einmal zwei der vier in den USA lebenden Schwestern auf Lintel-Besuch – welche, geht aus den Schilderungen von Johann Geerken nicht exakt hervor. Es liegt jedoch nahe, dass in jenen Wochen auch Bertha zugegen ist und sich letztlich doch überzeugen lässt, ihr Glück in der Neuen Welt zu suchen. Informationen der Oldenburger Gesellschaft für Familienkunde zufolge besteigt sie am 26. August 1905 das Auswandererschiff „Bremen“ und erreicht zehn Tage später wohlbehalten die New York vorgelagerte Einwanderungs-Insel Ellis Island. Als Zielort gibt sie die Adresse ihrer Schwester Catharine in Philadelphia an.
In den USA arbeitet Bertha weiter als Krankenschwester und bleibt auch nach dem tuberkulosebedingten Tod von Schwester Anna im Juli 1908 mit deren Witwer Diedrich in engem Briefkontakt. Sie stirbt am 28. Juli 1914 im Krankenhaus der Kleinstadt Webster City in Iowa – ihrem letzten Arbeitgeber – unter von der Lokalzeitung „Webster City Freeman“ später als „mysteriös“ bezeichneten Umständen. Wo Bertha anschließend beerdigt wird, ist heute nicht mehr bekannt.