Claus Galdas – Biographie

Claus Hinrich Galdas wird am 1. März 1859 als erstes Kind von Berend Galdas und Beta Margarete Galdas in Lintel geboren. Er ist der ältere Bruder von Meta Braun, Adeline Drieling, Anna Geerken, Gesine Dangel, Johann Galdas, Catharine Bellanga, Mathilde Sommerlott, Bertha Galdas und Karl Bernhard Galdas.

Einen Tag nach Claus‘ Geburt beginnt in Savannah im US-Bundesstaat Georgia eine zweitägige Sklaven-Auktion – die größte, die jemals in den USA stattgefunden hat. Zum Verkauf stehen 436 dem Plantagen-Besitzer Pierce Mease Butler gehörende Männer, Frauen und Kinder. Der Zuspruch für die über Zeitungsannoncen angekündigte Auktion ist außerordentlich hoch: Schon am Morgen des 2.März 1849 sind zahlreiche auch aus umliegenden US-Staaten wie Virginia, Alabama oder Louisiana angereiste Kaufinteressenten zur Stelle. In den Tagen zuvor hatten die meisten von ihnen die Gelegenheit genutzt, die zum Verkauf stehenden Menschen zu begutachten und sich von ihrer Arbeitsfähigkeit zu überzeugen.

Pierce Mease Butler ist der Enkel von Pierce Butler, einem durch die Sklaverei zu Reichtum gelangten Gründervater der USA. Beim Tod des Großvaters 1822 hatte er die Hälfte des Familienvermögens geerbt, damit in der Folge aber schlecht gewirtschaftet und zudem hohe Spielschulen angehäuft. Sie sollen mit Hilfe der Auktion beglichen werden. Am Ende kein Problem: Insgesamt bringt sie knapp 304.000 US-Dollar ein. Das liegt unter anderem auch daran, dass es sich bei den verkauften Personen nicht nur um einfache Reis- und Baumwollfeld-Arbeiter handelt, sondern um teils sehr qualifizierte Handwerker wie Küfer, Schmiede oder Zimmerleute.

Was aus heutiger Sicht unfassbar erscheint, ist damals in den Südstaaten der USA seit Jahrzehnten gang und gäbe. Und die strikte Vorgabe, dass Mitglieder einer Familie nicht an verschiedene Bieter abgegeben werden dürfen, zeugt keineswegs von einem Rest an Anstand und Menschlichkeit, sondern von knallhartem Geschäftsinteresse – verhindert sie doch, dass Alte und Schwache als unverkäuflich zurückbleiben.

Trotz alledem regt sich auch in den USA zunehmend Widerstand gegen die Sklaverei und ihre Auswüchse: Abolitionisten wie der New Yorker Verleger Horace Greeley setzen sich vehement für eine sofortige Abschaffung ein. Eine radikale Gruppe um den Milizen-Führer John Brown schreckt dabei auch vor Gewalt nicht zurück. Als Brown Anfang Dezember 1859 nach dem gescheiterten Versuch, einen Sklaven-Aufstand anzuzetteln, wegen Hochverrats gehängt wird, vertieft sich die Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern der Sklaverei weiter. Knapp anderthalb Jahre später bricht der Amerikanische Bürgerkrieg aus.

Die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts sind auch für Claus‘ Heimat eine richtungsweisende Zeit – wird in ihnen doch mit dem Deutsch-Dänischen Krieg, dem Preußisch-Österreichischen Krieg und dem im Sommer 1870 beginnenden Deutsch-Französischen Krieg die Basis für die Gründung des Deutschen Reiches gelegt. Als im Januar 1871 in Lintel wie überall im Land die Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. zum neuen Kaiser bejubelt wird, besucht Claus bereits seit fast sechs Jahren die örtliche, auch von den Kindern des Nachbardorfes Hurrel genutzte Volksschule. Dort gehören neben seiner im August 1860 geborenen Schwester Meta unter anderem Carl Busch, Georg Hartmann, Johann Schwarting und Heinrich Tönjes zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülern.

Mag im Deutschen Reich auch Aufbruchsstimmung herrschen: An den eher bescheidenen Verhältnissen, in denen Claus aufwächst, ändert das nur wenig. Wo genau im Dorf seine Wiege stand, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Vater Berend, 1827 in Oberhausen geboren, kommt irgendwann in den 1850er Jahren als Heuermann nach Lintel und heiratet dort im Juni 1858 Beta Margarete Osterloh. Nebenbei arbeitet er auch als Zimmermann und wagt kurz vor Geburt der dritten Tochter Anna im Dezember 1864 am südlichen Rand des Schnitthilgenloh die Neugründung eines Hofes (heute: Otto Drieling). Die Erträge aus der Selbstständigkeit und die nebenbei betriebene Landwirtschaft halten die stetig wachsende Familie so gerade eben über Wasser. Bis auf den jüngsten, im November 1877 im Alter von nur drei Monaten verstorbenen Bruder Karl Bernhard erreichen aber alle anderen Geschwisterkinder das Erwachsenenalter.

Gemäß Jüngstenrecht stünde dem 1868 geborenen Bruder Johann die Hof-Nachfolge zu. Dieses Szenario vor Augen, liebäugelt Claus mit der in Lintel zwischenzeitlich auch in manch anderer Familie diskutierten Auswanderung in die USA. Ein Weg, den seine Schwestern Anfang der 1890er Jahre fast ausnahmslos beschreiten: Lediglich Adeline (mit Christopher Drieling in Moorriem verheiratet) und Bertha bleiben in der Heimat. Zunächst verhindert der zuvor zwingend abzuleistende Militärdienst, dass Claus in dieser Frage als Ältester eine Vorreiter-Rolle übernimmt. Danach stellt sich die Situation allem Anschein nach anders da: Die Eltern legen sich auf Claus, der ebenso wie Vater Berend das Zimmermanns-Handwerk erlernt hat, als Erben fest.

Nach dieser Zusage rückt Claus von seinen Auswanderungs-Plänen ab – und hat bald darauf einen weiteren, sehr handfesten Grund dafür: die Verbindung mit Meta Punke aus Grummersort, die er am 27. Mai 1887 hochschwanger vor den Traualtar der St.-Elisabeth-Kirche in Hude führt. Aus der Ehe gehen mit Bertha (Juni 1887), Hermine (Dezember 1888), Bernhard (September 1890) und Heinrich (Dezember 1892) vier Kinder hervor.

Die im Kirchenbuch der Gemeinde Hude genannte Todesursache „Brustkrankheit“ für Claus‘ jüngsten Bruder Karl Bernhard deutet darauf hin, dass die Volksseuche Tuberkulose in jenen Jahren nicht vor dem Galdas-Hof Halt macht – ist diese Bezeichnung damals doch häufig ein Synonym dafür, dass sich jemand mit dem hochansteckenden Mycobacterium tuberculosis oder dem nicht minder gefährlichen, für Rindertuberkulose verantwortlichen Erreger Mycobacterium bovis infiziert hat. Auch Vater Berend dürfte darunter leiden, bei seinem Tod im Juli 1896 lautet der entsprechende Eintrag ebenfalls „Brustkrankheit“. Und über Claus selbst heißt es in einem 1894 geschriebenen Brief von Mutter Beta Margarete an ihre in die USA ausgewanderte Tochter Mathilde, er sei seit einer Krankheit im Jahre 1891 „nie ganz gesund“ gewesen.

Eine andere stetige Bedrohung im ausgehenden 19. Jahrhundert ist die gerade bei Kindern häufig tödlich verlaufende Diphtherie. Mit ihr infizieren sich Anfang Januar 1894 nacheinander Ehefrau Meta sowie die Kinder Bernhard, Heinrich und Bertha. Am Ende überlebt von diesen vieren nur Bertha, und auch Claus‘ Tage sind gezählt: Er stirbt am 24. März 1894 – ob ebenfalls an Diphtherie oder an Tuberkulose, lässt das Kirchenbuch offen. Beerdigt ist Claus sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.