Georg Heinrich Einemann wird am 30. Dezember 1899 als viertes Kind von Heinrich Einemann und Anna Einemann auf dem elterlichen Hof in Kirchhatten geboren. Er ist der jüngere Bruder von Rosa Marie Claußen, Johann Einemann und Emil Einemann und der ältere Bruder von Hertha Christine Einemann, Hugo Einemann und Artur Einemann.
Zwei Tage nach Georgs Geburt tritt im Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft. Es regelt fortan die Rechtsbeziehungen von Privatpersonen untereinander und bringt 29 Jahre nach der Reichsgründung endlich die unterschiedlichen Justizordnungen in den einzelnen Regionen Deutschlands auf einen Nenner. Bislang nämlich gelten in den 25 Bundesstaaten vor Gericht teils völlig voneinander abweichende Grundlagen wie das Preußische Allgemeine Landrecht, der Sachsenspiegel oder – in den ehemaligen Rheinbund-Staaten – der dort Anfang des 19. Jahrhunderts von Napoleon Bonaparte eingeführte Code Civil.
Die Vorarbeiten für das am 1. Juli 1896 vom Reichstag verabschiedete und anschließend von Kaiser Wilhelm II. unterzeichnete Gesetz nehmen mehr als zwei Jahrzehnte in Anspruch. Zwischen 1874 und 1887 trifft sich in unregelmäßigen Abständen eine aus insgesamt elf Juristen unter der Leitung des Heidelberger Hochschulprofessors Bernhard Windscheid gebildete Kommission, deren erster Entwurf allerdings auf breite Ablehnung von Politik und Fachwelt stößt. Bemängelt wird unter anderem nicht nur die starke Fixierung auf die Rechtsprinzipien des längst erloschenen Heiligen Römischen Reichs, sondern auch die soziale Unausgewogenheit, die sich in stark auf Privatautonomie zugeschnittenen Grundsätzen wie „Kauf bricht Miete“ widerspiegelt. Gemäß diesem Grundsatz etwa dürfte nach einem Immobilienverkauf der neue Eigentümer einen Mieter jederzeit vor die Tür setzen.
Unter Führung von Hermann Schelling, Staatssekretär im Reichsjustizamt, erarbeitet eine neugebildete Kommission zwischen 1890 und 1895 daraufhin einen zweiten Entwurf. „Kauf bricht nicht Miete“ heißt es nun im noch heute gültigen Paragraphen 566. Zusammen mit weiteren Änderungen und in einer etwas allgemeinverständlicheren Sprache verfasst passiert dieser Entwurf Anfang 1896 den Bundesrat. Um dann auf der Zielgeraden um ein Haar doch noch an einem völlig belanglosen Detail zu scheitern. Sollen Jagdberechtigte nur für Flurschäden durch Rehe, Hirsche und Fasane haften? Oder auch für jene, die durch Hasen entstehen? Letzteres fordert die für eine Mehrheit im Reichstag benötigte Zentrumspartei und lässt sich erst durch Zugeständnisse im familienrechtlichen Teil des BGB von ihrem Widerstand abbringen. Somit verweigern am Ende lediglich die Abgeordneten der SPD der Reform ihre Stimme – in erster Linie, weil sie ihre Vorstellungen in puncto Mitbestimmung nicht durchsetzen können.
Das 22-jährige Ringen um Paragraphen, Prinzipien und Kompromisse vollzieht sich weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch vom Inkrafttreten des BGB in der Silvesternacht 1899 dürften die meisten Bürger wenig mitbekommen. Wer nicht gerade mit seinen ganz persönlichen Sorgen und Nöten beschäftigt ist, feiert wahrscheinlich ausgelassen den Beginn eines neuen Jahrhunderts, mag es rein rechnerisch auch erst am 1. Januar 1901 seinen Anfang nehmen. Und sinniert möglicherweise etwas länger als in den Vorjahren darüber, was wohl die Zukunft bringen möge.
Welche Freuden und Leiden die folgenden Jahre für Georgs Familie konkret bereithalten, liegt heute weitgehend im Dunkeln. Seine Eltern bewirtschaften im Zentrum von Kirchhatten einen für damalige Verhältnisse recht großen Hof, der leider in der Hatter Bilder-Chronik des Heimatforschers Wolfgang Martens nicht näher beschrieben ist. Immerhin lassen sich dieser Chronik einige den ganzen Ort betreffende Ereignisse entnehmen, die Georg und seine Schul- und Spielkameraden bis 1914 miterleben. Zum Beispiel die vermutlich aus gebührender Entfernung, aber mit wachen Kinderaugen verfolgte Urbarmachung größerer Heideflächen zwischen Kirchhatten und Hatterwüsting mit Dampfpflügen. Oder die aufwändig gestalteten Feiern zum Sedantag, die jeweils Anfang September an den Sieg im Deutsch-Französischen Krieg erinnern.
Noch bevor Georg eingeschult wird, stirbt im Oktober 1905 die erst ein halbes Jahr zuvor geborene Schwester Hertha Christine. Von Georgs Großeltern lebt zu diesem Zeitpunkt bereits niemand mehr. Als letztes ist 1904 kurz nach ihrem 70. Geburtstag Catharine Marie Menke verstorben, die Mutter von Anna Einemann.
Unmittelbar nach Georgs Schulentlassung und Konfirmation beginnt der Erste Weltkrieg, an dem Wolfgang Martens zufolge aus der Gemeinde Hatten rund 600 Männer teilnehmen. Beinahe jeder fünfte von ihnen – insgesamt 129 Söhne, Brüder, Ehemänner – kehrt nicht in die Heimat zurück. Unter den Toten des Krieges ist auch Georgs ältester, möglicherweise als Hoferbe vorgesehener Bruder Johann. Er fällt allerdings nicht an der Front, sondern erleidet in Gardelegen in der Altmark einen tödlichen Unfall. Was dort an jenem 3. Februar 1918 genau passiert ist, lässt sich mehr als 100 Jahre später nicht mehr rekonstruieren.
Der nächstältere, 1898 geborene Bruder Emil leistet ebenfalls Militärdienst und wird im weiteren Verlauf des Revolutionsjahres 1918 leicht verwundet. Ob auch Georg noch in die Kriegsmaschinerie hineingerät, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Falls ja, so rettet ihm der knapp zwei Monate vor seinem 19. Geburtstag geschlossene Waffenstillstand von Compiègne womöglich das Leben. Er besiegelt allerdings auch die deutsche Niederlage, der in der unmittelbar zuvor ausgerufenen Weimarer Republik einige politisch und wirtschaftlich äußerst turbulente Jahre folgen.
Innerhalb der Familie ist nun Emil als Hoferbe gesetzt. Ob Georg zunächst weiter auf dem elterlichen Betrieb mitarbeitet oder irgendwo andernorts in Stellung geht, lässt sich nur vermuten. Eine Alternative tut sich durch seine Bekanntschaft mit Hermanda Wesemann auf, deren Eltern Johann Hermann und Mathilde Wesemann in Lintel einen 18 Hektar großen, später einmal an Hermanda fallenden Hof (heute: Guido und Susanne Einemann) betreiben. Dort zieht Georg nach der am 17. April 1929 standesamtlich und einen Tag später kirchlich beurkundeten Hochzeit ein.
Politisch hat sich die Weimarer Republik im zehnten Jahr ihres Bestehens etwas gefestigt und sich auf internationalem Parkett unter anderem durch das 1926 mit dem Friedensnobelpreis belohnte Wirken von Außenminister Gustav Stresemann rehabilitiert. Finanziell bleibt die Lage jedoch vor allem aufgrund der hohen Reparationsforderungen der ehemaligen Kriegsgegner angespannt. Versuche, diese Forderungen im Laufe der zwischen Februar und Juni 1929 in Paris geführten Verhandlungen zum Young-Plan abzumildern, haben nur teilweise Erfolg. Parallel dazu laufen die Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und radikalen Gruppierungen wie Kommunisten und Nationalsozialisten immer öfter aus dem Ruder. Bei dreitägigen Unruhen in Berlin etwa kommen Anfang Mai 1929 insgesamt 33 Menschen ums Leben.
Nach wie vor schwierige Zeiten also, mit denen sich Georg und Hermanda konfrontiert sehen. Geradezu dramatisch wird die Lage kurz nach der Geburt des ersten Sohnes Günter im Juni 1931, als die Pleite des Nordwolle-Konzerns eine Bankenkrise heraufbeschwört. Bei den folgenden Reichstagswahlen vom Juli 1932 kann die von Adolf Hitler geführte NSDAP ihren Stimmenanteil auf 37 Prozent mehr als verdoppeln. Ein halbes Jahr später ernennt Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Das am 24. März 1933 als Reaktion auf den Reichstagsbrand verabschiedete Ermächtigungsgesetz macht schließlich den Weg frei für die NS-Diktatur.
Als im Januar 1938 Georgs und Hermandas zweiter Sohn Erwin die Familie vergrößert, laufen im Hintergrund längst die Vorbereitungen für den nächsten Weltkrieg. Er beginnt am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen. Zwar werden zu diesem Zeitpunkt auch vereinzelt Angehörige des Jahrgangs 1899 zur Wehrmacht einberufen, Georg ist jedoch nicht darunter. Im November 1939 und April 1940 sterben kurz nacheinander seine Schwiegereltern, so dass er fortan vermutlich bis auf weiteres als unabkömmlich gilt. Möglicherweise ist er aber auch bereits zu krank für den Krieg: Georg stirbt am 24. Februar 1943 an Magenkrebs und wird wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.