Gunda Witte – Biographie

Gunda Witte wird am 27. April 1940 als zweites Kind von Johann Hinrich Witte und Johanne Witte geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Lothar Witte und die ältere Schwester von Dieter Burckhard Witte.

Am Tag von Gundas Geburt erklärt Hitler-Deutschland dem im Zweiten Weltkrieg bislang neutralen Norwegen offiziell den Krieg. Ein rein formeller Akt, denn faktisch läuft die deutsche Besetzung des Landes bereits seit mehreren Wochen. Am 9. April 1940 haben deutsche Truppen im Rahmen des Unternehmens Weserübung Norwegen und Dänemark angegriffen. Während Dänemark nach wenigen Stunden kapitulierte, leisten die von Briten, Franzosen und Exil-Polen unterstützten Norweger tapfer Widerstand und bringen der Wehrmacht in der Schlacht um Narvik sogar ihre erste empfindliche Niederlage bei.

Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop begründet den Angriff auf Norwegen (Dänemark erwähnt er mit keinem Wort) vor der internationalen Presse in Berlin damit, dass das Land im Begriff gewesen sei, seine Neutralität aufzugeben und mit den Alliierten zu kooperieren. Letzteres würde Deutschland in eine äußerst prekäre Lage bringen, denn ohne die in Norwegen verschifften Rohstoffe aus dem ebenfalls neutralen Schweden müssten die Nationalsozialisten ihre weiteren Kriegspläne zu den Akten legen. Tatsächlich existieren mit der Operation Wilfred und dem Plan R 4 konkrete Überlegungen Großbritanniens, Norwegen selbst zu besetzen und den Feind so von dringend benötigten Rohstoff-Lieferungen abzuschneiden. Dem kommt die Operation Weserübung nur knapp zuvor – was die Motive der deutschen Regierung und die Brutalität bei der Besetzung Norwegens aber in keiner Weise relativiert geschweige denn legitimiert.

In Großbritannien entbrennt angesichts der deutschen Besetzung Norwegens eine Debatte über Versäumnisse der von Neville Chamberlain geführten Regierung, die zum Rücktritt des seit 1937 amtierenden Premierministers führt. Am 10. Mai 1940 nimmt daraufhin eine von Winston Churchill geführte All-Parteien-Regierung ihre Arbeit auf. Mit seiner berühmten, drei Tage später gehaltenen Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede schwört der neue Premier die Briten auf weitere Entbehrungen ein.

Wer in jenen Tagen in Gundas Heimatdorf Lintel Zeitung liest oder seinem Volksempfänger lauscht, erhält wie überall im gleichgeschalteten NS-Staat selbstverständlich nur die Ribbentropsche Version des aktuellen Geschehens serviert. Und in der eilt die Wehrmacht weiter von Sieg zu Sieg. Jene Linteler, die noch keinen Stellungsbefehl erhalten haben, dürften deshalb recht schnell zur Tagesordnung übergehen. Dazu gehört unter anderem, das traditionelle Schützenfest am Himmelfahrtstag vorzubereiten, der 1940 auf den 2. Mai fällt. Als die Schützen an diesem Tag August Ahlers hochleben lassen, ahnen wohl nur die wenigsten von ihnen, dass ihr neu gekürter König erst zehn Jahre später einen Nachfolger bekommen wird.

Bislang ebenfalls von einer Einberufung verschont geblieben ist Johann Hinrich Witte. Gundas Vater leidet seit früher Kindheit unter Asthma, er kann deshalb den von seinen inzwischen verstorbenen Eltern Johann Diedrich und Aline Witte geerbten Hof (heute: Rainer und Anne Witte) zunächst weiter wie gewohnt bewirtschaften. Dort wächst Gunda in den folgenden Jahren mit ihren 1937 und 1942 geborenen Brüdern auf. Kaum vier Jahre alt geworden, muss sie den Vater doch noch in den längst aussichtslos gewordenen Krieg ziehen lassen. Es ist ein Abschied für immer: Johann Witte gilt seit August 1944 als in Frankreich vermisst und kehrt nicht mehr nach Hause zurück. Dann, im Mai 1945, herrscht nach der Kapitulation der Wehrmacht endlich Frieden.

Gundas Einschulung im Frühjahr 1946 fällt in eine für alle Linteler schwierige Zeit. Ganz besonders für Mutter Johanne, die sich allein mit drei heranwachsenden Kindern außerstande sieht, den Hof ihres vermissten Ehemannes weiterzuführen. Deshalb verpachtet sie ihn im November 1946 an Heinrich und Betty Grashorn, deren Kinder Hanna und Heinz Gunda und Bruder Lothar fortan auf ihrem täglichen Weg in die knapp einen Kilometer entfernte Volksschule Lintel begleiten. Dort gehören unter anderem Edith Hoffrogge, Hilmar Schlötelburg und Elfriede Wilkens zu Gundas in etwa gleichaltrigen Klassenkameraden.

Kaum in die dritte Klasse gekommen, bleibt Gundas Platz im Frühjahr 1948 plötzlich leer: Sie muss mit starken Bauchschmerzen in ein Oldenburger Krankenhaus gebracht werden, wo die Ärzte eine möglicherweise durch einen Sturz ausgelöste Entzündung der Bauchspeicheldrüse diagnostizieren. Nach der nötigen Operation kommt es zu Komplikationen, ein Teil der Bauchspeicheldrüse infiziert sich mit Bakterien. Als auch noch ein Darmverschluss hinzukommt, ist Gundas Leben nicht mehr zu retten. Sie stirbt am 9. Juni 1948 – anderthalb Wochen, bevor in den drei westlichen Besatzungszonen die Währungsreform in Kraft tritt. Beerdigt ist Gunda auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.