Johanne Quitsch – Biographie

Johanne Christine Quitsch wird am 6. Februar 1876 als drittes Kind von Johann Ramke und Catharine Wilhelmine Ramke auf dem elterlichen Hof in Sandtange geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Johann Hinrich Ernst Ramke und Gesine Hillen und die ältere Schwester von Adeline Hermine Ramke und Katharine Redeker.

Acht Tage nach Johannes Geburt kommt es auf dem Patentamt der US-Hauptstadt Washington zu einem Wettstreit zweier Erfinder: Am Morgen des 14. Februar 1876 beantragen dort sowohl Alexander Graham Bell als auch Elisha Gray ein Patent für einen Fernsprechapparat. Warum drei Wochen später Bell den Zuschlag erhält, darüber kursieren bis heute die merkwürdigsten Geschichten und Gerüchte. Zwar geht sein Antrag der Überlieferung zufolge zwei Stunden früher ein, doch für diese Reihenfolge könnte auch ein bestochener Sachbearbeiter gesorgt haben. Mit der Erteilung des Patents ist der unschätzbare Vorteil verbunden, dass Bell es fortan sämtlichen Konkurrenten untersagen lassen kann, weiter an der Entwicklung eines funktionsfähigen Telefons zu arbeiten.

Über einen einsatzbereiten Prototyp verfügen zum Zeitpunkt der Antragstellung weder Bell noch Gray, was aber nach den einige Jahre zuvor geänderten Regeln für Patentanmeldungen auch nicht nötig ist. Gleichwohl fügt Gray seinem Antrag eine wesentlich mehr ins Detail gehende Beschreibung des von ihm erdachten Apparats bei als Bell – was rückblickend ebenfalls Zweifel an der korrekten Entscheidung des Amtes weckt. Zumal später ans Licht kommt, dass Bells Telefon so wie im von ihm zunächst eingereichten Entwurf beschrieben technisch unmöglich funktionieren kann. Er muss nachbessern, und die eilig hinzugefügten Elemente gleichen jenen in Grays Beschreibung aufs Haar.

Hat Bell sich also heimlich Zugang zum Antrag seines Konkurrenten verschafft? Nachweisen lässt sich dieser Vorwurf nie, und alle Versuche Grays, Bell sein Patent gerichtlich aberkennen zu lassen, laufen in den folgenden Jahren ins Leere. Dasselbe gilt für die von einem dritten US-Erfinder – Antonio Meucci – angestrengten Prozesse. Meucci reklamiert für sich, bereits in den 1850er Jahren ein telefonähnliches Gerät entwickelt und seine Unterlagen dazu später in der Hoffnung auf eine Zusammenarbeit an Bells damaligen Arbeitgeber Western Union Telegraph gesandt zu haben. Tatsächlich weisen Bells Entwürfe viele Ähnlichkeiten mit Meuccis Arbeiten auf. Inspirieren lassen hat sich Bell zudem von einem Modell des deutschen Physikers Philipp Reis, der aber bereits 1874 verstorben ist. So haben mindestens vier Männer wegweisende Beiträge zur Erfindung des Telefons geleistet, von denen aber nur einer Profit daraus zieht: Alexander Graham Bell. Mit seinem Patent im Rücken gründet er im Juni 1877 die Bell Telephone Company, aus der später mit AT&T die für lange Zeit größte Telefongesellschaft der Welt entsteht.

Im Deutschen Reich, das die neue Technik zunächst verschlafen hat, hält das Telefon im zweiten Anlauf relativ rasch Einzug. Bis Mitte der 1880er Jahre entstehen in nahezu allen Regionen Fernsprechnetze – auch im Großherzogtum Oldenburg, zu dem Johannes Geburtsort Sandtange gehört. Dort wie im benachbarten Munderloh bleibt ein eigener Anschluss aber noch auf viele Jahre hinaus etwas, über das sich niemand großartig Gedanken machen dürfte. Mit Sicherheit auch Johannes Eltern nicht. Sie bewirtschaften in Sandtange einen kleinen, 1835 von Johannes Großvater Johann Hinrich Ramke begründeten Hof, auf dem Johanne außer mit diesen dreien mit Großmutter Gesche Ramke sowie den zwischen 1873 und 1887 geborenen Schwestern aufwächst. Der einzige Bruder Johann Hinrich Ernst ist schon 1872 als Säugling verstorben.

Im Frühjahr 1882 wird Johanne eingeschult, sehr wahrscheinlich in die von ihrem Elternhaus rund fünf Kilometer entfernte Volksschule Munderloh. Fünf Jahre später stirbt Großmutter Gesche, 1890 dann auch Großvater Johann Hinrich. Ob Johanne nach Schulabschluss und Konfirmation zunächst auf dem elterlichen Hof arbeitet oder andernorts in Stellung geht, liegt heute im Dunkeln. Möglicherweise verschlägt es sie in die Nähe von Colnrade, denn dort ist die Familie ihres späteren Ehemannes Hermann Quitsch nach der Zuwanderung aus Ostpreußen zunächst heimisch geworden. Genauso gut kann es jedoch sein, dass Johanne und Hermann sich in Dingstede kennenlernen, wohin Hermanns Eltern um 1895 ihren Wohnsitz verlagern.

Hermann ist Überlieferungen aus der Familie zufolge eine Zeitlang zur See gefahren, hat aber davor auch das Handwerk des Schneiders erlernt. In diesem Beruf arbeitet er, als beide sich im November 1897 in der St.-Elisabeth-Kirche in Hude das Jawort geben. Kurz zuvor hat Hermann in Hurrel einige Hektar Land erworben und dort mit dem Bau einer Hofstelle (heute: Marlies und Markus Pape) begonnen. Dort bringt Johanne am 25. September 1898 das erste gemeinsame Kind Friedrich Wilhelm zur Welt. Knapp drei Wochen vor der Geburt des zweiten Sohnes Johann am 14. Januar 1900 erliegt Johannes Schwester Adeline Hermine im Alter von nur 20 Jahren einer Kolik. Die vielerorts ausgelassen gefeierte Jahrhundertwende dürfte Johanna deshalb – hochschwanger dem Begräbnis ihrer Schwester am 2. Januar 1900 entgegensehend – wohl eher mit zwiespältigen Gefühlen in Erinnerung behalten.

Nach der Geburt von Tochter Henriette im Oktober 1901 liegen Anfang 1904 noch ein weiteres Mal Freude und Leid eng beieinander: Am 14. Januar stirbt der älteste Sohn Friedrich Wilhelm an Brechdurchfall, am 23. Februar wächst die Familie um den nächsten Sohn Heinrich. Er ist das letzte Kind, das Johanne in Hurrel zur Welt bringt. Aus heute nicht mehr ersichtlichen Gründen nämlich entschließt sich Ehemann Hermann 1906, seinen Hof an Bernhard Diedrich Schütte zu verkaufen. Hermann, Johanne und die drei Kinder beziehen daraufhin einen kleinen Hof am Postweg in Vielstedt. Dort kommen mit Käthe (Dezember 1907) und Ewald (1909) zwei weitere Kinder hinzu, bevor es erneut allen Hausrat zusammenzupacken gilt für die nächste Station, ein Haus an der Parkstraße in Hude.

Sollte sich Hermann im seit dem Bahnanschluss 1867 expandierenden Kernort der Gemeinde ein Mehr an Aufträgen für seine Schneiderwerkstatt erhoffen, so geht dieser Plan augenscheinlich nicht auf. Schon nach rund einem Jahr jedenfalls folgt der nächste Umzug, dieses Mal nach Lintel. Neues Domizil ist ein in unmittelbarer Nähe der 1897 neu errichteten Volksschule gelegener Heuerhof (heute: Hella und Kurt Bisanz). Er gehört zum Besitz des Großbauern Johann Kreye, auf dessen Hof – gemäß der Linteler Chronik von Walter Janßen-Holldiek die älteste Vollbauernstelle des Dorfes – Hermann und Johanne regelmäßig mit anpacken müssen. Eine Pflichtaufgabe wohl auch für die älteren Kinder, die 1911 und 1912 mit Gesine und Martha noch zwei zusätzliche Geschwister bekommen.

Wie es am Vorabend des Ersten Weltkriegs nach der Geburt von acht Kindern und jahrelanger schwerer körperlicher Arbeit um Johannes Gesundheit bestellt ist, lässt sich heute nur erahnen. Gut möglich jedoch, dass sie bei Kriegsausbruch im August 1914 mit dem Mycobacterium bovis bereits den mutmaßlichen Keim ihrer künftigen Krankheit in sich trägt. Der Erreger der Rindertuberkulose ist durch den Verzehr von nicht abgekochter Milch auf den Menschen übertragbar und führt oft zu einer unter den damaligen medizinischen Verhältnissen meist tödlich verlaufenden Darmtuberkulose.

Bevor es zu dieser niederschmetternden Diagnose kommt, hat Johanne in Lintel noch schwierige Zeiten zu überstehen. Ehemann Hermann nimmt vermutlich von Beginn an am Weltkrieg teil, so dass die Verantwortung für Hof und Kinder allein bei ihr liegt. Im November 1916 erhält sie die Nachricht, dass er sich in Serbien mit Malaria infiziert hat und der Seuche vor Ort in einem Kriegslazarett erlegen ist. Bis endlich wieder Frieden herrscht, vergehen noch einmal zwei volle Jahre. Ob Johannes älterer Sohn Johann in der Schlussphase des Krieges ebenfalls noch zur Armee einberufen wird, ist heute nicht mehr bekannt. Die Linteler Chronik nennt ihn bereits für Ende 1916 als neuen Hofpächter. Johanne bleibt aber dessen ungeachtet bis zu ihrem Tod eng in die Bewirtschaftung eingebunden.

Johanne stirbt am 7. Oktober 1922 im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg. Informationen ihrer Enkelin Hella Bisanz zufolge muss sie sich dort einer Operation am Blinddarm unterziehen, die sie nicht übersteht. Das Sterbebuch der Gemeinde Hude nennt als Todesursache gleichwohl die bereits angesprochene Darmtuberkulose. Beerdigt ist Johanne am 12. Oktober 1922 auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.