Mariechen Röben – Biographie

Marie Gesine Röben – genannt Mariechen – wird am 27. November 1919 als erstes Kind von Friedrich Gröne und Johanna Gröne in Oldenburg geboren. Sie ist die ältere Schwester von Toni Wichmann.

Am Tag von Mariechens Geburt unterzeichnet Bulgarien als einer der Verlierer des Ersten Weltkriegs den Vertrag von Neuilly-sur-Seine. Damit verbunden sind Gebietsabtretungen an Griechenland, Serbien und Rumänien. Neben dem Zugang zur Ägäis verliert Bulgarien dadurch auch die wichtige Hafenstadt Dedeagatsch (heute: Alexandroupoli). Zudem akzeptiert das Land Reparationszahlungen an die Siegermächte in Höhe von 400 Millionen US-Dollar und verpflichtet sich, seine Armee auf 20.000 Mann zu beschränken.

In Bulgariens unmittelbarer Nachbarschaft entsteht in den folgenden Wochen durch die Vereinigung des bis dahin aus der Walachei und der Moldau bestehenden Königreichs Rumänien mit den Provinzen Bessarabien, Bukowina, Banat, Kreischland und Siebenbürgen der Staat Großrumänien. Eine weitere Folge des Ersten Weltkriegs, in den Rumänien im August 1916 als Bündnispartner der späteren Siegermächte Großbritannien und Frankreich eingetreten war. Daraufhin hatten zunächst deutsche Truppen das Land besetzt und bis Kriegsende 1918 große Mengen an Nahrungsmitteln, Öl und Bauholz herausgeschafft. Dies wiederum berechtigt nun auch Großrumänien, im Rahmen des Versailler Vertrages großzügig bemessene Entschädigungen zu fordern.

Die Höhe der deutschen Reparationen ist im Anfang Januar 1920 ratifizierten Vertrag von Versailles nicht endgültig festgelegt, die Verhandlungen darüber ziehen sich das ganze nächste Jahr über hin. Erst im Januar 1921 nennen die Siegermächte eine Gesamtsumme: 226 Milliarden Goldmark, zahlbar in 42 Jahresraten. Der Sturm der Entrüstung, der daraufhin durch die junge Weimarer Republik zieht, provoziert Anfang 1923 die französische Besetzung des Ruhrgebietes, wodurch die schon länger grassierende Geldentwertung vollends außer Kontrolle gerät. Die daraus erwachsende Hyperinflation, die Ende 1923 ihren Höhepunkt erreicht, ist vermutlich das erste historische Ereignis in Mariechens Kindheit, an das sie konkrete Erinnerungen hat.

Zu diesem Zeitpunkt lebt Mariechen mit ihren Eltern und der im Juli 1921 geborenen Schwester bereits in Reiherholz bei Lintel. Dort ist Vater Friedrich seit 1920 als Forstarbeiter beschäftigt. Zwar beruhigt sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland Anfang 1924 nach Einführung der Rentenmark etwas. Privat wird es jedoch für die junge Familie alles andere als ein gutes Jahr: Am 17. März stirbt Johanna Gröne im Alter von nur 26 Jahren. In seiner Not sucht Friedrich Gröne nach einer Haushälterin, die sich um seine beiden Töchter kümmert, und wird in Martha Mönnich aus Wüsting fündig. Am 12. Juni 1925 wird Martha Friedrichs zweite Frau und damit Mariechens und Tonis Stiefmutter.

Wo Mariechen ab 1926 die Schule besucht, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Das von ihrem Vater gemietete, damals der Forstverwaltung gehörende Wohnhaus an der Linteler Straße (heute: Dieter und Hannelore Drieling) liegt exakt in der Mitte der am nächsten gelegenen Einrichtungen, der Volksschule in Lintel und der Volksschule im Klosterbezirk von Hude. In jedem Fall muss Mariechen für den Hin- und Rückweg jeden Tag rund sechs Kilometer zu Fuß zurücklegen.

Nach Konfirmation und Schulabschluss geht Mariechen auf einem Bauernhof in Strückhausen bei Ovelgönne in Stellung. Dort lernt sie – eigenen Schilderungen zufolge im örtlichen Kino – ihren künftigen Ehemann Hermann Röben aus Großenmeer kennen. Hermann, fast auf den Tag genau ein Jahr jünger als Mariechen, arbeitet zu jener Zeit in der Landwirtschaft, wird aber vermutlich schon bald zum 1935 von den Nationalsozialisten wieder eingeführten Wehrdienst herangezogen. Als am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg beginnt, erhält Hermann seine Einberufung zur Kriegsmarine. Mariechen bekommt ihn in den folgenden Jahren nur selten zu Gesicht.

Wie es Mariechen in dieser Zeit an der Heimatfront in Strückhausen und Reiherholz ergeht, ist nicht überliefert. Erst kurz vor dem Zusammenbruch Hitler-Deutschlands, am 24. Februar 1945, steht sie mit Hermann in Hude vor dem Traualtar. Noch in der Hochzeitsnacht wird sie schwanger – ohne zu wissen, ob ihr ungeborenes Kind den schon am nächsten Tag wieder in den Krieg ziehenden Vater jemals zu Gesicht bekommen wird. Letztlich kehrt Hermann jedoch nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 wohlbehalten zurück und zieht nach der Geburt von Tochter Hilde im November 1945 mit Mariechen nach Barghorn. Dort überstehen alle drei mit der in erster Linie für den Hausgebrauch betriebenen Landwirtschaft den Hungerwinter von 1946/47, bevor Mariechen erneut schwanger wird und im Januar 1948 Tochter Waltraut zur Welt bringt.

Obwohl es mit der sechs Monate später vollzogenen Währungsreform im Westen Deutschlands wieder ein gutes Stück weit bergauf geht, steht Mariechen ihre größte Prüfung noch bevor. Als sie am 20. Juni 1949 nachmittags die zum Haushalt gehörenden Kühe versorgt, verliert sie für einen Moment ihre jüngere Tochter aus den Augen. Und schon ist es passiert: Waltraut fällt mit dem Gesicht voran in einen Moorgraben und kann trotz sofort eingeleiteter Suche nur noch tot geborgen werden. Ein tragisches Unglück, das Mariechen und auch Hermann noch lange beschäftigt und das erst nach der Geburt der dritten Tochter Änne im Oktober 1951 ganz allmählich in den Hintergrund tritt.

Weil Änne von Geburt an mit Asthma kämpft und sich dieses Leiden außerhalb der Wesermarsch – etwa bei den Großeltern in Reiherholz – deutlich weniger bemerkbar macht, ziehen Mariechen und Hermann mit den Kindern im November 1954 nach Hurrel. Dort bewohnen sie fortan ein 1926 von Heinrich von Kempen errichtetes Haus, das sie von Hans und Aline Ladmann gekauft haben (heute: Uta Trump und Karl-Heinz Kunert).

Während Hermann unter anderem als LKW-Fahrer und Hausschlachter arbeitet, kümmert sich Mariechen in den ersten Jahren vor allem um den Haushalt und die Kinder. Im Sommer 1968 eröffnen dann beide an der Parkstraße in Hude eine Imbissstube, in deren Betrieb Mariechen von Beginn an voll eingebunden ist. So macht sie nicht nur ihren Führerschein, um schneller zwischen Wohn- und Arbeitsstätte hin- und herpendeln zu können, sondern sie betreibt auch, was man heute „Marketing“ nennen würde und kreiert den im Speiseraum ausgehängten Werbespruch „Wer disse Wuss nich lecker find, is op sien Tung woll farvenblind“.

Bevor Hermann und Mariechen ihren Imbiss 1982 nach 13 arbeitsreichen, aber einträglichen Jahren schließen, vergrößert sich die Familie um insgesamt fünf Enkeltöchter. Ihnen kann Mariechen als Rentnerin mehr Zeit widmen, ebenso wie ihrem Garten, dem Reisen und anderen geselligen Aktivitäten in ihrem Umfeld. Dort ist ihre kreative Ader sehr gefragt – so gibt es kaum eine Jubiläums- oder Hochzeitsfeier, auf der Mariechen nicht mit selbst geschmiedeten Versen zur Erheiterung beiträgt. Was auf ihrer eigenen, im Februar 1995 im Gasthof von Bodo und Ursel Mehrings gefeierten Goldenen Hochzeit natürlich fast alle Gastredner entsprechend würdigen.

Nur wenige Monate nach dieser Feier stirbt Hermann nach längerer Krankheit. Einsam wird es trotzdem nicht um Mariechen – dafür sorgt unter anderem ihr letzter Mieter Bastian Schumacher, mit dem sie sich sehr gut versteht. Nach einem im März 2006 erlittenen Schwächeanfall beschließt Mariechen allerdings, ihr Haus in Hurrel aufzugeben und zu Tochter Änne und Schwiegersohn Walter Stöver nach Bergedorf zu ziehen. Dort verbringt sie ihre letzten Lebensmonate, bevor sie am 9. Dezember 2006 im Klinikum Oldenburg an einem zuvor lange Zeit unentdeckt gebliebenen Hirntumor stirbt. Beerdigt ist Mariechen sechs Tage später auf der Ahnenstätte Hilligenloh in Hurrel.