Feike van der Ploeg wird am 11. Dezember 1915 als fünftes Kind von Arjen van der Ploeg und Martje van der Ploeg auf dem elterlichen Hof in Noordwijk bei Groningen geboren. Er ist der jüngere Bruder von Jan van der Ploeg, Geeske Schuil, Teye van der Ploeg und Wietse van der Ploeg und der ältere Bruder von Wietske de Boer, Edske van der Ploeg, Janna Smids und Karel van der Ploeg.
Der letzte Monat des Jahres 1915 ist in Europa wie schon das gesamte Jahr geprägt von den Schrecken des Ersten Weltkriegs. Die Dimension des Infernos, das Papst Benedikt XV. in seiner Weihnachts-Ansprache lautstark als “Menschenschlächterei” und “größte Erschütterung der Weltgeschichte” beklagt, verdeutlicht eine zwei Tage vor Feikes Geburt in Großbritannien veröffentlichte Statistik: Demzufolge sind im bisherigen Kriegsverlauf 127.290 Angehörige der britischen Streitkräfte gefallen, 352.123 Mann wurden verwundet und 71.695 gelten als vermisst. In den vier anderen die Hauptlast des Krieges tragenden Staaten Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich und Russland dürften die Opferzahlen kaum kleiner sein.
Angesichts der an fast allen Fronten festgefahrenen Lage mangelt es nicht an neutralen Friedens-Initiativen. So bricht am 5. Dezember eine vom US-Industriellen Henry Ford angeführte Delegation per Schiff nach Oslo auf, um durch Gespräche mit Vertretern der feindlichen Lager einen Waffenstillstand zu vermitteln. Eine Mission, der allerdings von vornherein kaum jemand Chancen auf Erfolg einräumt, und tatsächlich reist Ford am 24. Dezember ohne konkrete Ergebnisse wieder ab. Für denselben Tag – immerhin Heiligabend – meldet der Tagesbericht der deutschen Heeresleitung an der Westfront „lebhaftes“ Artilleriefeuer. Von kurzzeitiger Verbrüderung wie noch ein Jahr zuvor also keine Spur.
Als eines der Hindernisse zum Frieden erweist sich die Weigerung Deutschlands, auf Gebietsforderungen zu verzichten. Einen entsprechenden Vorstoß der SPD lehnen die anderen im Reichstag vertretenen Parteien brüsk ab. So fordert die Deutschkonservative Partei am 6. Dezember zum Abschluss einer zweitägigen Versammlung in Berlin, dass das Ergebnis des Krieges ein über seine bisherigen Grenzen „erheblich“ erweitertes Kaiserreich sein müsse. Eine Forderung, die auch von einer breiten Mehrheit der Mitglieder der Fortschrittlichen Volkspartei unterstützt wird: Die deutsche Führung müsse eine „Vergrößerung der Macht, des Wohlstandes und des Gebietes des Deutschen Reiches“ anstreben.
Obwohl die Niederlande in ihren südlichen Ausläufern direkt an Flandern und damit an einen der Haupt-Schauplätze des Krieges angrenzen, hat die im August 1914 von Ministerpräsident Pieter Cort van der Linden verkündete Neutralität Bestand. Anders als Millionen andere Kinder in Europa wächst Feike deshalb ohne die permanent drohende Gefahr heran, seinen Vater in den bis November 1918 tobenden Kämpfen zu verlieren. Wirtschaftlich sind es gleichwohl schwierige Jahre, unter den zunehmenden Einschränkungen leiden vor allem die ärmeren Schichten der Bevölkerung. Dazu darf man sicher auch Feikes Familie zählen – ist Vater Arjen van der Ploeg doch neben der in kleinem Rahmen betriebenen Landwirtschaft schon in normalen Zeiten auf Nebentätigkeiten angewiesen, um einigermaßen über die Runden zu kommen.
Die Ausrufung der Republik in Deutschland am 9. November 1918 zieht auch in den Niederlanden diverse Aufrufe zur Revolution nach sich, sie verhallen aber weitgehend ungehört. Stattdessen gewährt die kurz zuvor neu ins Amt gekommene Regierung von Charles Ruijs de Beerenbrouck dem geflohenem Kaiser Wilhelm II. Asyl und weigert sich beharrlich, ihn an die Alliierten auszuliefern. Wirtschaftlich geht es von 1919 an wieder bergauf, Inflation ist anders als beim östlichen Nachbarn kein Thema. In den folgenden Jahren suchen deshalb viele junge deutsche Frauen ihr Heil in der Hollandgängerei.
Wie Feike diese Phase erlebt und welche persönlichen Erlebnisse ihn in seiner Kinder- und Jugendzeit prägen, liegt heute im Dunkeln. Als er zu Beginn der 1930er Jahre die Schule verlässt, wirft jedoch schon die 1929 in den USA ausgebrochene Weltwirtschaftskrise ihre ersten Schatten voraus. Insbesondere die Landwirtschaft ächzt unter fallenden Preisen. Später greift die Krise auch auf die Industrie über. Mitte der 1930er Jahre kehren sich so die Wanderungsströme um: Plötzlich zieht es so manch arbeitslosen Niederländer ins seit Anfang 1933 von den Nationalsozialisten zunehmend totalitär regierte Deutschland – darunter auch Feike und seine Brüder Jan und Karel.
Nach einem kurzen Intermezzo bei der Reichsbahn kommt Feike Erzählungen aus der Familie zufolge auf einem Hof in der Nähe von Syke unter, dessen genaue Lage heute aber nicht mehr bekannt ist. Dort arbeitet mit Anna Möhlenbrock ein junges Mädchen aus Lintel, das ihm auf Anhieb gefällt – und seinem Werben nicht lange widersteht. Oder ist es umgekehrt? Auch darüber lässt sich mehr als 85 Jahre später nur spekulieren. Beiden ist jedoch bewusst, dass ihre Beziehung über eine flüchtige Liebelei hinausgeht, und sie schmieden eifrig Zukunftspläne.
Feike möchte weiter in der Landwirtschaft arbeiten, soviel ist ihm klar. Da trifft es sich gut, dass Annas Eltern in Lintel einen rund sieben Hektar großen Hof (heute: Martin und Ralf Möhlenbrock) bewirtschaften, aus dem mit tatkräftiger Hilfe deutlich mehr herauszuholen wäre. Grunderbe gemäß des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts ist zwar Annas 1933 geborener Bruder Hans, doch dessen Übernahme liegt noch in weiter Ferne. Die zwischenzeitliche Verpachtung an Feike ist deshalb eine Option, mit der sich auch Annas Eltern Johann und Amalie Möhlenbrock schnell anfreunden.
Feike und Anna heiraten am 26. Mai 1939, sieben Wochen vor der Geburt ihres ersten Sohnes Harry. Sechs Wochen später beginnt mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Ein Ereignis, das Feike als Niederländer weniger betrifft als seine neuen Nachbarn in Lintel, von denen im Laufe der folgenden Monate viele einen Stellungsbefehl zur Wehrmacht erhalten. Belastend ist die Situation für ihn aber allemal – zumal es seinem Heimatland dieses Mal nicht gelingt, die Neutralität zu wahren: Am 13. Mai 1940 überfällt die Wehrmacht ohne Vorwarnung neben Belgien und Luxemburg auch die Niederlande, Königin Wilhelmina und Ministerpräsident Dirk Jan de Geer fliehen ins Exil nach London.
Während die Wehrmacht im weiteren Verlauf des Westfeldzugs innerhalb von nur zwei Wochen das Hauptziel Frankreich einnimmt, kündigt sich in Lintel Feikes zweite Vaterschaft an: Im Januar 1941 kommt Tochter Hanna zur Welt. Mit Helmut (Mai 1942) und Gert folgen bis April 1944 noch zwei weitere Kinder. In dieser Zeit arbeitet Feike nicht nur weiter auf dem Möhlenbrock-Hof, er übernimmt im Dorf auch die durch die zahlreichen Einberufungen vakante Stelle des Milchfuhrmanns.
Zum Zeitpunkt von Gerts Geburt ist die Wehrmacht bereits überall in Europa auf dem Rückzug. Auch an der Heimatfront heulen immer häufiger die Sirenen. Auf ihrem Rückweg von gegen Bremen und andere Städte geflogenen Angriffen werfen alliierte Bomber regelmäßig ihre überschüssige Last über der Region ab und setzen dadurch Dutzende von Bauernhöfen in Brand. Im Herbst 1944 brennt es plötzlich auch auf dem Möhlenbrock-Hof. Ursache ist allerdings keine der typischen Stabbrandbomben, sondern frisch geernteter Torf, der sich entzündet hat. Der Effekt indes ist nahezu derselbe – Feike muss hilflos zusehen, wie das Wohnhaus und die Stallungen in Flammen aufgehen. Zusammen mit Anna, seinen Kindern, den Schwiegereltern und Schwager Hans Möhlenbrock kommt er vorübergehend auf dem Hof von Gustav Claußen (heute: Kristin und Heiko Segelken) unter und erlebt sechs Monate später das Kriegsende in einer eilig organisierten Wehrmachts-Baracke.
Nach der Einnahme durch kanadische Soldaten gehört Lintel wie Hamburg und die späteren Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zur britischen Besatzungszone. Ein provisorischer Status, der für große Teile des ehemaligen Gaus Weser-Ems auch anders hätte enden können als mit der im Mai 1949 vollzogenen Gründung der Bundesrepublik Deutschland: In den Niederlanden nämlich sitzt der Groll über den 1940 verübten Überfall und die knapp fünfjährige Besatzungszeit derart tief, dass Außenminister Eelco van Kleffens sich für umfangreiche Gebietsabtretungen des am Boden liegenden Nachbarn stark macht. Eine Variante des von ihm unterstützten Bakker-Schut-Planes sieht unter anderem die Annexion deutscher Gebiete bis an das Westufer der Weser und die Vertreibung der dort lebenden Bevölkerung vor. Letztlich scheitern diese Gedankenspiele aber am Veto der Briten.
Inwieweit Feike in Lintel von diesen Plänen Kenntnis hat, lässt sich nur vermuten. Er konzentriert sich in den für alle Bewohner schweren Nachkriegsjahren weiter auf den Wiederaufbau des Möhlenbrock-Hofes und investiert dabei vor allem in die Schweinezucht. In die Dorfgemeinschaft ist er voll integriert und pflegt dabei insbesondere mit den direkten Nachbarn Erich Witte, Benno Wilkens und Heinrich Osterloh freundschaftliche Kontakte. Weniger gut ist dagegen das Verhältnis zum neuen Dorfschullehrer Walter Janßen-Holldiek, der unter anderem Sohn Helmut beständig auf dem Kieker hat und dem Feike in einem aus heutiger Sicht doch recht krass anmutenden Fall von Kindesmisshandlung seine Grenzen aufzeigen muss.
Anfang der 1950er Jahre hat die Wehrmachts-Baracke endlich ausgedient, der Möhlenbrock-Hof erstrahlt in neuem Glanz. Im Frühjahr 1952 sterben dann innerhalb von nur dreieinhalb Wochen Feikes Schwiegereltern Johann und Amalie Möhlenbrock. Vier Jahre später nimmt Schwager Hans, der nach seiner Konfirmation auf verschiedenen Bauernhöfen in der Region gearbeitet hat und kurz vor der Hochzeit mit Marta Gräfje aus Reiherholz steht, das ihm zustehende Jüngstenrecht in Anspruch. Feike muss sich nach Alternativen umsehen. Bruder Jan, längst in die Niederlande zurückgekehrt, gibt den entscheidenden Tipp: Sein aktueller Arbeitgeber, ein unter Herzproblemen leidender Großbauer in der Gemeinde Winsum bei Groningen, suche gerade einen Betriebsführer – ob das vielleicht etwas für Feike wäre?
Das kurz darauf geführte Vorstellungsgespräch verläuft positiv und Feike heuert auf dem besagten, rund 60 Hektar großen Hof mit einem damals vergleichsweise hohen Bestand von 40 Milchkühen an. Dort bleibt er mit seiner Familie rund zehn Jahre, ehe er noch einmal auf einen anderen Hof im benachbarten Eenrum wechselt. In Eenrum kauft er ein als Altersruhesitz vorgesehenes Haus mit dazugehörigem Grundstück, in dem er mit Anna seine letzten Lebensjahre verbringt. Nach einem Anfang der 1970er Jahre erlittenen Herzinfarkt arbeitet er noch einige Jahre in einer Förder-Werkstatt, in der die Beschäftigten Stühle mit Polstern beziehen – eine gemessen an seinen bisherigen Tätigkeiten relativ artfremde Beschäftigung, die Feike aber dennoch Freude bereitet.
Feike stirbt am 23. August 1977 im Alter von 61 Jahren. Nach der Trauerfeier verbleiben seine eingeäscherten Überreste im Krematorium in Groningen.