❷ Lintel wächst mit Kötern und Brinksitzern

Als Köter bezeichnen Heimatforscher die zweite Siedlergeneration eines Dorfes. Der Name leitet sich aus dem Begriff „Kote“ oder „Kate“ ab und beschreibt die meist nur sehr kleinen und ärmlichen Häuser, in denen die Neuankömmlinge anfangs wohnen. Während ihre Ankunft in manchen Regionen des Oldenburger Landes bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu beobachten ist, stemmt sich Lintel angesichts der Zugehörigkeit zum Huder Kloster lange Zeit gegen diesen Trend. Erst nach 1500 – der Auszug der letzten Huder Mönche steht unmittelbar bevor – lassen sich mit Hinnerk by dem Sycke auf dem heutigen Hof von Rainer und Anne Witte und Gerdt Schröder auf dem Hof von Georg Hollmann die ersten Köter nieder. Ihnen folgen bis 1568 zwei weitere Neusiedler: Sander Heynen auf dem Hof von Bernd und Anke Tönjes sowie Johann Busch auf dem Hof von Carl-Heinz Wragge. Zumindest im letztgenannten Fall handelt es sich angesichts der Namensgleichheit sehr wahrscheinlich um einen Abkömmling von einem der Linteler Vollhöfe.

Etwa ab Ende des 16. Jahrhunderts werden die Neuanbauer in einem Dorf Brinksitzer genannt. Sie stellen auch in Lintel die weitaus größte Gruppe von Hofeigentümern, Janßen-Holldiek beziffert ihre Zahl auf 31. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen verzeichnet Deutschland seit Beginn des 17. Jahrhunderts ein starkes Wachstum der Bevölkerung, das nur zeitweise durch den Dreißigjährigen Krieg gebremst wird. Zum anderen ist der Staat damals als Besitzer der unbesiedelten Marken an der Ansetzung neuer Stellen interessiert, um dadurch die Zahl der Steuerzahler zu vermehren.

Das bis ins Indogermanische zurückzuführende Wort „Brink“ bedeutet so viel wie „Rand“ oder „Ufer“. Gelegentlich steht er auch für den in der Mitte eines Dorfes angelegten, mit Gras bewachsenen Gemeinschaftsplatz. Zu den ersten Linteler Brinksitzern gehören Dierck Schutte auf dem heutigen Hof von Armin und Ellen Schulz sowie Claus Röver auf dem Hof von Heino und Käte Frers. Weil sie von der Landwirtschaft allein nicht leben können, üben die meisten Brinksitzer zusätzlich noch ein Handwerk aus.

Was die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges betrifft, so hat die Grafschaft Oldenburg – und damit auch Lintel – das große Glück, in Graf Anton Günther einen Regenten zu besitzen, der es mit Diplomatie und Geschick versteht, sein Land weitgehend aus den Kriegswirren herauszuhalten. Nach Anton Günthers Tod 1667 ist Oldenburg zunächst ein Teil Dänemarks und dann von Holstein-Gottorf, bevor 1810 die Oldenburgische Franzosenzeit beginnt. Erst nach den Befreiungskriegen und der Rückkehr von Herzog Peter Friedrich Ludwig aus russischem Exil setzt im Großherzogtum Oldenburg ein erneuter Siedlungsschub ein, der in Lintel noch einmal 22 Hofgründungen hervorbringt.